Vechelde. Im nächsten Jahr fällt der Rat die Entscheidung zu den Straßenausbaubeiträgen. Eine Grundsteueranhebung scheint vom Tisch zu sein.

Erneut geht es um die Straßenausbaubeiträge/Anliegerbeiträge, erneut hat die „Bürgerinitiative (BI) Gemeinde Vechelde Weg mit der Straßenausbaubeitragssatzung (Strabs)“ in einer Gemeinderatssitzung ihre Forderungen erhoben. Nahezu 45 Minuten hat diesmal der Austausch zwischen BI und Politik in der Einwohnerfragestunde gedauert, bei dem Emotionen wieder mal hoch geschwappt sind. Und erneut sind es insbesondere Auseinandersetzungen zwischen der SPD-Mehrheitspartei und der Initiative gewesen.

Dabei ist die Ausgangslage klar: Im nächsten Jahr – vermutlich im März – will der Gemeinderat festlegen, wie die Kosten für den Ausbau von Gemeindestraßen künftig aufzuteilen sind zwischen Kommune und Anliegern. Eindringlich appelliert Ratsvorsitzender Hartmut Marotz (SPD) nun an die BI, dem „Gemeinderat bis dahin die Zeit zu geben, sich zu sortieren, um dann entscheiden zu können“. Wobei die Ausgangslage klar zu sein scheint: Die FDP und – so Fraktionschef Uwe Flamm (CDU) – die Christdemokraten im Rat verlangen eine völlige Abschaffung der Straßenausbaubeiträge: Die Gemeinde – oder, was derzeit unwahrscheinlich erscheint – doch das Land müssten demnach sämtliche Kosten für den Ausbau von Gemeindestraßen tragen.

Für die SPD hat deren Fraktionschef Romec Manns in einem Schreiben an die BI hingegen eine Erhöhung es Gemeindeanteil beim Straßenausbau ins Spiel gebracht, also eine Senkung des Anliegerbeitrags: „Anstatt wie bisher zwischen 60 und 75 Prozent sollen sich in Zukunft die Anwohner nur noch zwischen 25 und 50 Prozent an den Kosten des Straßenausbaus beteiligen müssen. Der Rest wird wie bisher die Allgemeinheit tragen müssen“, heißt es in seinem Brief wörtlich. Als Manns in der Ratssitzung seine Überzeugung kund tut, ein Straßenausbau bedeute „eine Wertsteigerung für die anliegenden Grundstücke, beispielsweise wenn die Straße einen (neuen) Gehweg erhält“, quittieren das BI-Mitglieder mit hämischem Lachen.

Die bekannte Zielsetzung der BI umreißt deren Sprecher Klaus Jurczyk klipp und klar: „Abschaffung der Strabs und damit auch der Anliegerbeiträge in der Gemeinde und niedersachsenweit.“ Dazu planten verschiedene Initiativen in Niedersachsen, auf Landesebene ein Volksbegehren/einen Volksentscheid zu organisieren – das Ziel: Die Landesregierung möge die Strabs abschaffen und den Kommunen bei einem Wegfall der Straßenausbaubeiträge/Anliegerbeiträge für Gemeindestraßen die Einnahmeausfälle komplett ersetzen. Immerhin: Auf Gemeindeebene soll es Anfang des nächsten Jahres Gespräche zwischen Rat, Verwaltung und BI über die Zukunft dieser ungeliebten Abgaben geben.

Im Vechelder Gemeindehaushalt 2020, den der Gemeinderat beschlossen hat, sind für das kommende Jahr kein Ausbau von Gemeindestraßen und somit auch keine Einnahmen aus Straßenausbaubeiträge vorgesehen – man wolle erst die Ratsentscheidung zur Strabs abwarten. Nach den Worten des Vechelder Bürgermeisters Ralf Werner gibt es im Gemeindegebiet nur eine Straße, die aufgrund der Verkehrssicherungspflicht der Kommune im nächsten Jahr zwingend ausgebaut werden müsse: „Sack“ in Denstorf. „Die Anlieger wollen das“, betont er. Nach jetzigem Stand müssen die Anwohner bei dieser reinen Anliegerstraße rund 75 Prozent der Ausbaukosten tragen. Erneut bekräftigt der Verwaltungschef: „Wir bauen nur Gemeindestraßen aus, wenn es die Mehrheit der jeweiligen Anlieger will.“ So werde der Heisterkamp in Sierße nicht ausgebaut: Der Wasserverband Peine nehme dort lediglich Kanalisationsarbeiten vor und schließe dann die Fahrbahn wieder, ohne dass Anwohner zu zahlen hätten. Um der Verkehrssicherungspflicht gerecht zu werden, sind Werner zufolge für eine gewisse Zeit auch Vorkehrungen wie Schilder (Tempobeschränkung/Hinweis auf Straßenschäden) möglich.

Um die Einnahmeausfälle bei einem Wegfall der Straßenausbaubeiträge komplett aufzufangen, müsste die Gemeinde nach eigener Aussage die Grundsteuer B von 390 auf 550 Prozentpunkte anheben. „Ein rein rechnerischer Wert“, sagt dazu Werner. Ein BI-Vertreter warnt die Rathausverwaltung, diese Erhöhung höher als erforderlich anzusetzen, um so „Stimmung zu machen gegen die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge“. Eine Anhebung um 150 Prozentpunkte bedeute für die Hauseigentümer „eine jährliche Mehrbelastung von 15 bis 30 Euro“. Für die BI stellt sich die Frage, wie „andere Kommunen auf Anliegerbeiträge verzichten können ohne Grundsteuererhöhung und warum Vechelde das nicht schafft“.

Flamm und Manns zufolge plant der Gemeinderat aber in diesem Zusammenhang ohnehin keine Grundsteuererhöhung. Allerdings stellt Marotz auch fest: „Der Gemeinderat wird der BI nicht den Gefallen tun und die Straßenausbaubeiträge komplett abschaffen.“ Murren bei der BI. Im Übrigen zahlen Marotz zufolge schon jetzt die Anwohner nicht komplett den Ausbau von Gemeindestraßen: „50, 60 Prozent der Kosten trägt derzeit die Gemeinde – das sind alle Steuerzahler der Gemeinde.“ Eine spannende Diskussion ist im nächsten Jahr zu erwarten.