Vechelde. Die „Bürgerinitiative (BI) Weg mit der Strabs“ will damit ihrer Forderung Nachdruck verleihen. Bürgermeister Ralf Werner hält dagegen.

Die Argumente der „Bürgerinitiative (BI) Gemeinde Vechelde Weg mit der Strabs“ und der Vechelder Rathausverwaltung sind bekannt, und beide Seiten lassen sich auch nicht vom Gegenüber überzeugen. Die Fronten sind verhärtet, und das ist in der Gemeindeverwaltung bei der Übergabe einer Unterschriftenliste deutlich geworden.

Mehr als 1300 Unterschriften – es sollen exakt 1317 sein – hat die BI gesammelt: online und auf Papier. Unterschriften für das Aus der Straßenausbaubeitragssatzung (Strabs) beziehungsweise der Straßenausbaubeiträge/Anliegerbeiträge für Gemeindestraßen, denn: „Wir fordern die Abschaffung der Strabs – dabei bleibt es“, untermauert BI-Sprecher Klaus Jurczyk bei der Unterschriftenübergabe an Vecheldes Bürgermeister Ralf Werner im Rathaus. „Straße saniert. Bürger ruiniert“ – ist auf einem der Schilder der rund 25 BI-Anhänger im Sitzungszimmer zu lesen.

Jurczyk wiederholt seine Argumente für die Abschaffung der Anliegerbeiträge: Sie sei „ungerecht“, weil nicht jeder Bürger, sondern nur die Anwohner einer auszubauenden Gemeindestraße sie zu entrichten habe. Der Staat (Bund, Land und Kommunen) bitte die Bürger schon genug zur Kasse, und das werde – Stichwort Klimaschutz – noch mehr. Der Politik wirft der Sierßer vor, die „Lebenswirklichkeit der Menschen zu ignorieren“, denn: Das Zahlen der Straßenausbaubeiträge/Anliegerbeiträge sei teilweise existenzbedrohend – trotz der Ratenzahlungen.

Auf Nachfrage bestätigt Jurczyk, Ziel sei es, diese Beiträge niedersachsenweit abzuschaffen – das Land müsse die Einnahmeausfälle der Kommune komplett übernehmen. Im verbalen Schlagabtausch zwischen ihm und Werner bestätigt aber der Verwaltungschef, das Land habe gar nicht das Geld zur Bezahlung der Straßenausbaubeiträge für Gemeindestraßen in voller Höhe. Daher erhebe der Städte- und Gemeindebund auf Niedersachsenebene auch nicht diese Forderung gegenüber dem Land – Werner ist Vorsitzender dieser Organisation auf Kreisebene.

Sollte das Land die Anliegerbeiträge nicht übernehmen, müssten die Kommune diese Abgabe abschaffen und die Ausfälle selbst finanzieren – das bekräftigt Jurczyk und meint: „Mehr als 40 Kommunen in Niedersachsen haben die Beiträge bereits abgeschafft, die meisten von ihnen, ohne die Grundsteuern anzuheben.“ Werner wiederum sieht bei einem Aus für die Anliegerbeiträge die Grundsteuererhöhung für die Gemeinde Vechelde als einzigen Ausweg. Der BI-Sprecher lehnt eine solche Steueranhebung jedoch vehement ab und bezeichnet sie als „Taschenspielertrick“.

Werner erinnert, schon immer bezahlten Gemeinde und Anlieger gemeinsam den Ausbau von Gemeindestraßen: „Je weniger Anliegerverkehr auf einer Straße liegt, desto mehr muss die Gemeinde bezahlen.“ Zur BI-Aussage, die Anwohner müssten bereits für die Ersterschließung eines Grundstücks (also auch für die Straße) Geld hinlegen und würden mit der Anliegerbeitrag ungerechterweise doppelt belastet, sagt Werner: „Straßen halten Jahrzehnte. Diejenigen, die jetzt für die Erschließung bezahlen, sind also gar nicht mehr betroffen von einem künftigen Straßenausbau.“

Auch von teilweise „horrende Anliegerbeiträgen“ will Werner – anders als die BI – nicht sprechen: „Zuletzt hat der Anliegerbeitrag in der Gemeinde im Durchschnitt bei 4800 Euro gelegen.“ Aufgrund der Ratenzahlungen bei den Straßenausbaubeiträgen und individueller Lösungen sei „kein Anlieger gezwungen, Haus und Hof aufzugeben“. Für den Ausbau des Heisterkamps in Sierße, der aufgrund der mehrheitlichen Ablehnung der Anlieger nicht erfolgen wird, hätten die Anwohner „zwischen 2000 und 10.000 Euro“ hinlegen müssen, ergänzt Jurczyk.

Sobald das Land in diesem Jahr zu den künftigen Straßenausbaubeiträgen/Anliegerbeiträgen entscheidet, befasst sich der Vechelder Gemeinderat mit dem Thema (also noch nicht in der Sitzung am Montag): Alles läuft im Rat auf den SPD-Vorschlag hinaus, beim Ausbau von Gemeindestraßen den Anliegerbeitrag zu senken und den Gemeindeanteil zu erhöhen – das reicht der BI allerdings nicht, sie will die völlige Abschaffung der Strabs. In Vorbereitung für den Ratsbeschluss erstellt die Rathausverwaltung ein fortzuschreibendes Kataster mit allen Gemeindestraßen, aus dem das Erstellungsdatum mitsamt baulichem Zustand sowie die künftigen erforderlichen Arbeiten hervorgehen.

Mit Blick auf die Aussagen des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer-Vereins (HWG) Ilsede hebt Werner hervor: Die Ver- und Entsorger müssten die Wiederherstellung des Straßenbereichs, der für die Verlegung ihrer Leitungen aufgerissen werde, komplett selbst bezahlen – Anlieger und Gemeinde zahlten dafür nichts. Die „Rechtslage“ sei, dass die Ver- und Entsorger nach dem Verursacherprinzip diese von ihnen aufgerissenen Straßenbereiche selbst finanzieren, aber eben nicht Wiederherstellung der gesamten Fahrbahn/Straße.

Kontakt zur BI ist möglich unter k-jurczyk@web.de per Mail.