Keine Angst vor der Wahrheit – ein sehr mutiger Slogan. Denn keine Angst vor der Wahrheit – das bedeutet auch: als Zeitung über Dinge zu berichten, die nicht jedem gefallen.

In Vechelde macht die Bürgerinitiative gegen Straßenausbaubeiträge wieder mobil, lädt für Montag nach Sierße zum Informationsabend. Zu Gast ist Gisela Janßen vom Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer-Verein, die sich auch schon in ihrer Heimatgemeinde Ilsede gegen die ihrer Meinung nach zu hohen Straßenausbaubeiträge/Anliegerbeiträge gewandt hat – was in dieser Veranstaltung in Sierße jedoch fehlt, ist die Gegenseite.

Völlig legitim ist es, sich als Bürger, als BI für eigene Interessen – in diesem Fall für den Wegfall einer Ausgabe – einzusetzen. Die Wahrheit ist aber auch: Der Vechelder Gemeinderat wird in diesem Jahr keineswegs die Abschaffung der Anliegerbeiträge beschließen. Er wird – typisch Politik – einen Kompromiss absegnen: den Gemeindeanteil beim Straßenausbau erhöhen, den Anliegerbeitrag senken. In der BI werden viele von einem „faulen Kompromiss“ sprechen, aber jede Medaille hat ihre andere Seite: Immerhin wäre mit dem Einsatz der Initiative eine Senkung des Anliegerbeitrags erreicht worden.

Selbstverständlich hätte der Staat – Bund, Land, Kommunen – genügend Geld, um diese unbeliebten Abgaben für die Anwohner abzuschaffen und das Geld aus eigener Tasche – aus der Tasche der Steuerzahler – zu bezahlen. Die Wahrheit ist aber: Nicht jedes Bundesland und nicht jede Kommune sieht darin (derzeit) eine Priorität.

Und es ist (bislang) schwer vorstellbar, dass bei den Kommunalwahlen 2021 und bei den Landtagswahlen 2022 wirklich die Parteien/Gruppierungen enorme Stimmenzuwächse bekommen, die mit dem Verzicht auf Anliegerbeiträge werben. Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.

Auch die Politik sollte keine Angst vor der Wahrheit haben – beim Peiner Klinikum. Zwar hat diese Einrichtung in dieser Woche ihre neuen Auszubildenden vorgestellt – insgesamt 29 an der Zahl. Das mag Hoffnung geben für den Fortbestand des Klinikums, zumal es bereits einen Ausblick in Sachen Ausbildung im nächsten Jahr gibt.

Aber: Mehr als jedes zweites Krankenhaus ist bundesweit überflüssig – das haben Experten der Bertelsmannstiftung festgestellt: Für sie ist das die Wahrheit, vor der sie keine Angst haben. Das Peiner Klinikum leidet darunter, dass viele Menschen – insbesondere in Randgemeinden wie Vechelde, Wendeburg und auch Hohenhameln – auf Krankenhäuser außerhalb der Kreisgrenzen ausweichen: Braunschweig, Hildesheim. Dort gibt es offenbar Kapazitäten, um Patienten aus anderen Kommunen aufzunehmen. Dies könnte eine Wahrheit sein, vor der die Politik ihre Augen nicht verschließen darf. So lange es solche Überkapazitäten in Großstadt-Krankenhäusern gibt, dürfte es um kleine Kliniken wie der in Peine ganz übel bestellt sein – ob nun mit oder ohne Millionenhilfe aus dem Steuergeld-Säckel.