Vechelde. Susanna Jakob will mit dann 16 Jahren ein College in Waterford besuchen und dort ihr Abitur ablegen.

Ein neues Land, eine neue Schule, neue Mitschüler und Lehrer – mit dem neuen Jahr wird praktisch alles neu für Susanna Jakob: Im Januar fliegt die Vechelderin – mit dann 16 Jahren – nach Südafrika, wo sie fast zwei Jahre leben und auf dem College in Waterford ihr Abitur machen will. Für den Teenager ist das im wahrsten Sinne des Wortes Neuland, denn auf diesem Kontinent ist Susanna noch nie gewesen – „bislang immer nur in Europa“. Angst? In keinem Fall – im Gegenteil: Vorfreude pur.

Ermöglicht haben die United World Colleges (UWC) diesen Auslandsaufenthalt, dem Susanna so gespannt entgegensieht: Die UWC sind eine Bildungsbewegung mit weltweit 18 Colleges – unter anderem in Deutschland, aber eben auch in Südafrika – und einem international anerkannten Schulabschluss. „Durch eine Freundin bin ich zufällig auf die UWC gestoßen“, verrät Susanna – und hat schnell Interesse daran gefunden. Der Grund – es scheint so eine Mischung zu sein zwischen Selbstständigkeit und Abenteuerlust. Denn zum einen sagt Susanna: „Ich will mal etwas anderes machen – für Südafrika habe ich mich entschieden, weil ich ein absoluter Naturliebhaber bin.“ Mehr als 50 Nationen sind an den Colleges vertreten: „Die ganze Welt an einer Schule“ – lautet das Motto, das auch auf einem Beutel von Susanna zu lesen ist.

Zum anderen wird die Schülerin aber auch rund 10.000 Kilometer entfernt von ihrer Familie in Waterford leben – und zwar zusammen mit Mitschülern aus vielen verschiedenen Ländern. „Mentale Stabilität“, zitiert Susanna die UWC, sei dafür nötig – doch das schreckt sie nicht ab.

Auch das Schulsystem der UWC ist besonders: „Es gibt keine mündlichen Noten“, nennt Susanna, die das Vechelder Gymnasium besucht, einen großen Unterschied zu staatlichen Schulen in Deutschland und setzt hinzu: „Mündliche Leistungen sind auch schwer zu bewerten.“ Vielmehr setzen die UWC auf schriftliche Arbeiten und Projektarbeiten, es gebe eine intensive Betreuung der Schuler durch die Lehrer. Eine Auflage: „In den fast zwei Jahren in Südafrika habe ich 150 Stunden soziale Arbeit zu leisten“, schildert Susanna – denkbar sind Hilfsprojekte für Kinder oder im Nationalpark. Sie ist überzeugt: „Es wäre deutlich leichter für mich, am Vechelder Gymnasium mein Abitur zu machen.“

Bevor Susanna ihren Platz bei den UWC erhalten hat, musste die 15-Jährige Einiges dafür tun: Seit dem vergangenen Jahr befasst sich Susanna mit diesem Projekt, musste ein Bewerbungsschreiben verfassen und zwei Empfehlungsschreiben beifügen: eines vom Lehrer, eines vom Pastor, wobei Susanna ehrenamtlich aktiv ist in der evangelischen Kirchengemeinde/im evangelischen Familienzentrum. Als Nächstes folgte ein dreitägiges Bewerbungswochenende in Wiesbaden – mit rund 120 Bewerbern für 50 Plätze (je 25 in Deutschland und im Ausland). Gespräche, Teamarbeit und IQ-Test sind dort angesagt, abends gemeinsame Aktivitäten der Bewerber wie spielen und singen. „Ein tolles Wochenende – ohne Konkurrenzdruck“, ist die Vechelderin fasziniert.

Dann die Zusage der UWC – und erst danach die Frage nach der Finanzierung. „Die UWC ermitteln erst, welche Kinder aufgenommen werden – ganz unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten der jeweiligen Familien“, lobt Nicole Jakob, Susannas Mutter. Dieser Organisation gehe es einzig und allein um „die Kinder, die Bildungschancen erhalten sollen – egal welcher Herkunft“. Nach der Zusage „sind wir gefragt worden, wie unsere Finanzsituation aussieht“, führt Nicole Jakob aus – entsprechend ist das Stipendium für Susanna individuell festgelegt worden.

„Es lohnt sich immer, sich über die UWC zu informieren“, ist die Schülerin überzeugt, denn diese Bildungsbewegung „bietet viele Möglichkeiten“. Als „Non-Profit-Organisation“ sind die UWC aber angewiesen auf Spenden: „Dabei geht es nicht um die Finanzierung des Südafrika-Aufenthalts für Susanna, sondern darum, die UWC in die Lage zu versetzen, auch weiterhin Schüler zu fördern“, betont Nicole Jakob.

Englisch – die Sprache in dem College in Südafrika – sowie Deutsch und Biologie hat sich Susanna für das „High Level“ in Waterford ausgesucht; Mathe, Politik und Anthropologie für das „Standard Level“: „Dazu gibt es jede Menge Sport“, ergänzt sie. In den zwei Schuljahren von Anfang Januar 2020 bis November 2021 ist für Susanna nur ein Besuch bei der Familie in Vechelde vorgesehen: rund um Weihnachten 2020, dann sind die siebenwöchigen Sommerferien in Südafrika. Und was passiert nach dem Abitur? „Ich weiß noch nicht genau“, antwortet Susanna: „Aber erst mal entspannen.“ Vielleicht auch in Afrika, vielleicht in Namibia. Bei ihrer Bewerbung für die UWC sollte sie angeben, welches Tier sie gerne wäre. „Ein Schnabeltier“, hat Susanna erklärt: „Schnabeltiere passen sich überall an.“ Passend.

Informationen über die United World Colleges (UWC) gibt es unter www.uwc.de im Internet.