Lengede. Als für Anna und Mathilde der Bergbau endete: Lutz Güntzel berichtete seinen Zuhörern über Aufstieg und Ende der Lengeder Erzförderung.

„Anna und Mathilde - die Förderschächte des Erzbergbaus in Lengede“ – so lautete das Thema eines Vortrages im Lengeder Rathaus, zu dem die Arbeitsgruppe Bergbau der Ortsheimatpflege eingeladen hatte.

„Vor 60 Jahren wurde das Fördergerüst von Schacht Anna umgelegt – und vor 40 Jahre Schacht Mathilde gesprengt“, leitete Arbeitsgruppen-Sprecher Werner Cleve vor zahlreich erschienenen Zuhörern ein. In Abwesenheit von Johannes Fischer übernahm Co-Referent Lutz Güntzel anschließend den rund einstündigen Vortrag über die Geschichte der beiden Förderschächte der Grube, heißt es in der Pressemitteilung. Er erläuterte dabei unter anderem die Entwicklung vom Tage- zum Tiefbau in der Erzförderung.

Zwischen 1913 und 1915 wurde auf dem Staatsgebiet des damaligen Herzogtums Braunschweig der
66 Meter tiefe Schacht Anna und von 1918 bis 1921 der zunächst
73 Meter tiefe Schacht Mathilde auf preußischem Gebiet „abgeteuft“, wie der Bergmann das Herstellen von Schachtröhren nennt. Diese Röhren wurden mittels Sprengungen in den Untergrund eingelassen und schließlich von oben nach unten abschnittsweise mit einem Innendurchmesser von sechs Metern ausgemauert.

Anhand historischer Beispielbilder aus Schacht Konrad in Salzgitter veranschaulichte Lutz Güntzel den Gästen die Technik des Schachtteufens zusätzlich.

1937 wurde Schacht Mathilde bis auf 112 Meter weiter abgeteuft. Die Erzförderung erfolgte von der 100- Meter- zur 60-Meter-Sohle – und von dort über Schacht Anna zu Tage in die Erzaufbereitung.

Ab 1957 wurde Schacht Mathilde dann zum Hauptförderschacht ausgebaut, nachdem man im Jahr zuvor einen Treppenturm sowie daneben eine Waschkaue und ein neues Verwaltungsgebäude gebaut hatte, wie Güntzel weiterhin erklärte. Am 22. Dezember 1959 folgte das Ende für die Erzförderung über Schacht Anna. Das nicht mehr benötigte Gerüst wurde mit Stahlseilen und Raupenschleppern umgerissen.

Bis 1963 diente der Schacht noch für die Bewetterung, also Belüftung des Bergwerks, und wurde dann verfüllt. 1979, zwei Jahre nach der endgültigen Einstellung der Erzförderung auf der gesamten Grube, kam dann auch das Ende für Schacht Mathilde.

Durch das „Wunder von Lengede“, dem Grubenunglück vom 24. Oktober 1963, war das Fördergerüst in aller Welt bekannt geworden. Die Gemeinde Lengede konnte die Anlage dann im Mai 1979 als Industriedenkmal unter Schutz stellen lassen.

Referent Güntzel führte laut Mitteilung weiterhin aus, wie in der Folge mit dem Eigentümer, den Stahlwerken P+S, eine Auseinandersetzung um die Kosten der Unterhaltung entbrannte. Dieser endete mit der Rücknahme der denkmalrechtlichen Genehmigung im Juli 1979 durch den Lengeder Gemeinderat. Güntzel: „Diese Entscheidung, die letztlich aufgrund der veränderten wirtschaftlichen Situation der Gemeinde getroffen wurde, fiel den zahlreichen Bergleute im Rat sicherlich nicht leicht.“

Am 20. September 1979,14 Uhr, wurde das Wahrzeichen der 105-jährigen Bergbaugeschichte in Lengede dann gesprengt. Zum Jahresende wurde die Grubenanlage aus der Bergaufsicht entlassen.

Zuvor hatten sich bereits die ersten Betriebe auf dem künftigen Gewerbegebiet angesiedelt. Anfang 1980 übernahm die Gemeinde Lengede durch Kauf das gesamte Bergbauareal mit Betriebsgelände und ehemaligen Schlammteichen.