Rom. In Rom belästigen aggressive Tiere Touristen und Anwohner. Im Kampf gegen die Plage greift manch einer zu unkonventionellen Mitteln.

Ein Tag Sightseeing in Rom kann schnell anstrengend werden. Viele Touristen nutzen Attraktionen wie den Trevi-Brunnen für ein Päuschen bei einer Kugel Gelato oder einem Stück Pizza. Aber dabei müssen sie sich immer öfter in Acht nehmen, denn gleich lauern da die Möwen, die von dem Imbiss etwas abhaben wollen. Schneller als gedacht reißen sie den Menschen ihr Essen aus den Händen und verschrecken mit ihren kräftigen Schnäbeln und langen Krallen Touristen wie Einheimische.

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Die Stadt Rom ist mit einer regelrechten Möwenplage konfrontiert. Allein in der vergangenen Woche wurden 30 Fälle von Möwen gemeldet, die Hunde oder auch Kinder angegriffen haben. Vor allem sehr kleine Hunde sind nicht vor einem plötzlichen Angriff aus der Luft gefeit. Auch auf Hotel- oder Restaurantterrassen suchen die Vögel nach Nahrung oder picken sie sich aus Müllsäcken.

Möwenplage in Rom: Stadt rät zur Selbstverteidigung

Roms Bürger klagen, dass sie nicht mehr auf ihre Terrassen oder Balkone hinaustreten können, weil sie von Möwen, die in der Nähe brüten, angegriffen werden. „Während der Pandemie schien die Präsenz der Vögel zurückgegangen zu sein, doch inzwischen sind sie hungriger und zahlreicher denn je“, klagt Patrizia Pisani, die leidenschaftlich ihre Dachterrasse im zentralen Wohnviertel Esquilin pflegt und täglich mit Möwen und Tauben zu tun hat. Das milde Klima, der Müll auf den Straßen, den viele Touristen und Lokale hinterlassen, und der Mangel an Fressfeinden bieten den Tieren hier ideale Lebensbedingungen.

Das milde Klima und der Müll, der sich auf den Straßen befindet, bieten perfekte Lebensbedingungen für Möwen. Auch Fressfeinde haben sie in Rom keine.
Das milde Klima und der Müll, der sich auf den Straßen befindet, bieten perfekte Lebensbedingungen für Möwen. Auch Fressfeinde haben sie in Rom keine. © AFP/Getty Images | Getty Images

Im Frühjahr nisten die Möwen vorzugsweise auf Dächern oder Terrassen und ziehen dort ihre Jungen auf, bis sie flügge werden. „Wir erhalten mehr als 30 Anrufe pro Woche von Leuten, die nicht wissen, was sie mit den aggressiven Möwen tun sollen. Grund für die Aggression ist die Verteidigung der Nester“, sagt die Ethologin Valentina Coppola. „Da man sich im Falle des Todes der Küken strafbar macht, kann man nur geduldig sein und sich verteidigen, indem man mit einem Regenschirm auf die Terrasse geht, um sich vor den Streifflügen zu schützen“, sagt die Expertin.

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Doch nicht jeder gibt sich mit dieser Notlösung zufrieden. Um die Vögel vom Balkon fernzuhalten, werden beispielsweise Abschreckmittel wie Nylonfäden getestet, so die Ethologin. Es sei auch notwendig, regelmäßig Abfälle von Fischhändlern, Metzgern und Märkten einzusammeln, um zu verhindern, dass die Vögel sie fressen. „Man muss die Bereiche sauber halten, die für diese Tiere zur Nahrungsquelle werden.“

Schädlingsbekämpfer erprobt ungewöhnliche Methode

Doch das Problem ist inzwischen so akut, dass die Stadtverwaltung zu ungewöhnlichen Mitteln greift, um der Möwen Herr zu werden. Andrea Lunerti, einer der bekanntesten Experten im Umgang mit Greifvögeln, Schlangen, Wildschweinen und Hirschen, hat jetzt eine Drohne entwickelt, die Möwen von Terrassen und Balkonen fernhält. Die Drohne gibt Töne und Lichtimpulse ab, die die Möwen erschrecken. Das kleine Gerät ist sehr wendig und kann auch in engeren Räumen fliegen. Es wird von einem Piloten mit Helm gesteuert.

Mit einer Drohne wie dieser sollen Roms unliebsame Möwen vertrieben werden.
Mit einer Drohne wie dieser sollen Roms unliebsame Möwen vertrieben werden. © Andrea Lunerti | Andrea Lunerti

„Aus Angst vor den Geräuschen der Drohne entfernen sich die Vögel und verzichten darauf, an dem Ort ihre Nester zu bauen“, erklärt Lunerti gegenüber unserer Redaktion. „Sie kehren dann nicht mehr zurück, weil sie diesen Ort als unsicher betrachten.“ Die Drohne habe einen Propeller aus Gummi, der den Vögeln nicht schade. „Wir befinden uns noch in der Testphase, aber die Resultate im Kampf gegen Möwen sind ermutigend.“

In und um Rom ist der 54-Jährige längst zu einer Berühmtheit geworden. Nachdem er in einigen Fernsehsendungen aufgetreten ist, werde er inzwischen schon aus ganz Italien gerufen, wenn es darum geht, Häuser von Eindringlingen zu befreien. „Unter anderem Wespen, Schlangen, Hirsche und Füchse“, erzählt Lunerti. „Viele Einsätze muss ich aber ablehnen, denn ich habe allein in Rom und Umgebung bereits alle Hände voll zu tun.“

Eine Großstadt sei für Wildtiere wegen der großen Mengen an Futter besonders attraktiv, erklärt der Schädlingsbekämpfer. So verlassen die Tiere die Wälder, um in Roms Außenbezirke zu ziehen, wo sie im Müll herumstöbern können und Nahrung finden. Das gilt für Wildschweine, Füchse, aber eben auch für Möwen.