Berlin. Ein Mann aus Chicago kauft eine Wohnung in Italien – zum Spottpreis. Allerdings hielt die Immobilie Überraschungen für ihn bereit.

Frances Mayes ist im Urlaub in der Toskana. Die US-Amerikanerin kauft dort ein neues Zuhause, ohne es vorher richtig besichtigt zu haben, und wandert spontan nach Italien aus. Sie muss deutlich mehr in das Haus stecken als gedacht, wird von ungebetenen Gästen überrascht, findet am Ende aber doch noch ihr Glück. Das ist, etwas vereinfacht, der Plot des Films „Unter der Sonne der Toskana“ mit Diane Lane. Er trifft aber so ähnlich wohl auf die Geschichte eines Amerikaners zu. Nur, dass seine Wohnung im Süden Italiens liegt – und er sich im Gegensatz zu Diane Lane offenbar nicht mit Skorpionen herumschlagen musste – sondern mit Nonnen.

Joshua Shapiro ist Saxophonist aus Chicago. Der 48-Jährige habe 2022 eine Wohnung in der Basilikata, südlich von Neapel, gekauft. Er wolle sein Leben ändern, mehr „Dolce Vita“ – und langfristig aus den Staaten auswandern. Dort gebe es einen politischen Wandel nach rechts, der ihm nicht gefalle, erzählte er jüngst CNN. Bei CNN Travel habe er auch einen Artikel gelesen, in dem es um günstige in Italien geht, die, im Gegensatz zur bekannten „1-Euro-Aktion“, nicht selbst hergerichtet werden müssen.

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In Italien sterben schon seit längerem kleine Dörfer und Gemeinden, vor allem in ländlichen Gegenden, aus. Die ältere Generation stirbt im wahrsten Sinne des Wortes, Jüngere wandern in Richtung der größeren Städte ab. Um diesem Trend der „Entvölkerung“ entgegenzuwirken, hat sich in Italien ein cleveres System gebildet. Kommunen verkaufen leerstehende, renovierungsbedürftige Immobilien an Externe, häufig zu absurd günstigen Preisen. Manche sogar für einen symbolischen Euro. Dafür verpflichten sich die neuen Eigentümer, die Wohnungen zu sanieren oder sogar darin zu wohnen. Hier liegen die eigentlichen Kosten und damit macht die Gemeinde letztlich ihr Geld.

Shapiro nahm anfangs rund 22.000 Euro in die Hand und kaufte eine Wohnung in der kleinen Gemeinde Latronico, so schildert es das US-Portal. Das Dorf hat circa 5000 Einwohner, liegt in einer abgelegen, grünen Hügellandschaft und ist mit dem rund viereinhalb Stunden von Rom und zweieinhalb vom nächsten Flughafen in Bari entfernt. Zu diesem speziellen Ort hätte er vorher keinen wirklichen Bezug gehabt, überhaupt war er vor dem Kauf erst zweimal in Italien, so Shapiro gegenüber CNN. Sein Großvater sei allerdings während des Zweiten Weltkriegs in Florenz stationiert gewesen. Diese Verbindung wolle der US-Amerikaner wieder aufleben lassen.

Mit dem Auto nur ein bisschen über zwei Stunden von Latronico entfernt: Neapel und der Vesuv.
Mit dem Auto nur ein bisschen über zwei Stunden von Latronico entfernt: Neapel und der Vesuv. © Alexandra Stahl/dpa-tmn | Alexandra Stahl

Nach seinem Investment sei er nach Latronico gereist und habe vorübergehend ein anderes Haus gemietet, da seine Wohnung noch nicht fertig gewesen sei. Das Apartment sei 80 Quadratmeter groß, liege im zweiten Stock und habe einen separaten Eingang. Vor allem aber hatte es offenbar noch einige Überraschungen für den US-Musiker übrig. Shapiro vermutete aufgrund der Fotos in der Anzeige, die Wohnung wäre möbliert, vor Ort musste er feststellen, dass ihm die Einrichtung doch nicht gehörte. Kein großes Problem, die „seltsamen Möbel“ seien ohnehin ein Kulturschock für ihn gewesen, wie er CNN berichtete.

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Eine größere Herausforderung sei die Renovierung der Immobilie gewesen, die noch mal circa 10.000 Euro gekostet habe. Die Wohnung habe laut Shapiro auch neue Fenster und Fliesen gebraucht und einige Räume hätten neu verputzt werden müssen. Außerdem fehlte der Küche offenbar das Dach.

Was er da offenbar noch nicht wusste: Nachdem der US-Amerikaner das Apartment gekauft hatte, wohnten noch Menschen darin. Das habe er bei der ersten Besichtigung bemerkt. Als ihm der stellvertretende Bürgermeister Vincenzo Castellano sein neues Idyll habe zeigen wollen, stießen die beiden dort wohl auf drei ältere Nonnen. Die Ordensschwestern ließen ihn, so Shapiro gegenüber CNN, zuerst nicht mal in die Wohnung, schockiert darüber, dass sich ein Amerikaner in ihrem Zuhause umsehen wollte. Die Nonnen hätten inzwischen eine neue Bleibe gefunden – und Shapiro sei doch noch in seine Wohnung gelassen worden.

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Aktuell komme er während der Renovierung, die sich in der finalen Phase befände, so oft wie möglich nach Latronico. Danach könne sich der US-amerikanische Saxophon-Spieler vorstellen, auch dauerhaft in Italien zu leben. „Ich bin bereit für das nächste Kapitel in meinem Leben“, äußerte er gegenüber CNN. „Während das, was ich tue, [in den USA] merklich weniger gewünscht und wertgeschätzt wird, könnte der Bedarf in Europa sehr viel größer sein.“

Zurück zum Film: Am Ende lernt Diane Lanes Charakter bei einem Fest in ihrer Villa einen amerikanischen Schriftsteller kennen. Joshua Shapiro ist wahrscheinlich nicht für die Liebe nach Italien gekommen. Dennoch stehen die Chancen, dass er dort noch jemanden aus den USA kennenlernt, nicht zu schlecht. Laut „Bloomberg“ wandern immer mehr US-Amerikaner nach Europa aus, weil sie sich in den Staaten kein Zuhause mehr leisten können.

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