Berlin. Ehemalige „Jünger“ erheben schwere Vorwürfe gegen den 2021 verstorbenen T. B. Joshua, darunter jahrzehntelange Vergewaltigungen.

Drei Jahre nach seinem Tod erheben ehemalige Anhänger schwere Vorwürfe gegen Temitope Balogun Joshua. Das einstige nigerianische Kirchenoberhaupt soll seine sogenannten Jünger über Jahrzehnte hinweg missbraucht, vergewaltigt und zu Abtreibungen gezwungen haben. Dies berichten zahlreiche mutmaßliche Opfer in einer neuen, dreiteiligen BBC-Dokumentation, die in Zusammenarbeit mit der internationalen Medienplattform „openDemocracy“ entstanden ist.

Joshua war in den 80er-Jahren als evangelikaler Pastor und Prediger bekannt geworden und hatte anschließend in Lagos die Megachurch „Synagogue Church of all Nations“ (SCOAN) gegründet. Als „Megachurch“ wird, vor allem in den USA, eine evangelikal-protestantische Einzelgemeinde mit wöchentlich über 2000 Besuchern bezeichnet. Zu den Predigten der SCOAN sollen wöchentlich sogar bis zu 15.000 Menschen gekommen sein. Viele der Anhänger blieben auch darüber hinaus vor Ort in Nigeria, teilweise sogar mehrere Jahre – untergebracht als „Jünger“ in einem labyrinthartigen Betonkomplex in Lagos.

Nigerianische Megachurch: Gefangenschaft, Folter und erzwungene Abtreibungen

Dort soll Joshua die Mitglieder seiner Kirche über einen Zeitraum von fast 20 Jahren zum Teil misshandelt und gefangen gehalten haben. Dutzende Augenzeugen berichten von physischer Gewalt und Folter, auch gegenüber Kindern. Die Opfer sollen angekettet und ausgepeitscht worden sein, manchmal in Verbindung mit Elektroschocks.

Zahlreiche Frauen berichten, dass Joshua sie sexuell missbraucht habe, einige sprechen von wiederholten Vergewaltigungen und erzwungenen Abtreibungen. Eine Frau soll zu fünf Abtreibungen über einen Zeitraum von mehreren Jahren gezwungen worden sein. Die früheren „Jünger“, von denen 25 mit der BBC gesprochen haben, kamen häufig als Teenager und aus der ganzen Welt zur Bewegung – auch aus Deutschland. Der letzte Vorfall innerhalb der Kirche datiert laut BBC auf das Jahr 2019.

Die SCOAN hat sich noch nicht zu den konkreten Anschuldigungen gegen Joshua geäußert, teilte der BBC aber mit: „Dass dem Propheten T. B. Joshua haltlose Vorwürfe gemacht werden, ist nichts Neues. Keiner der Vorwürfe ließ sich je belegen.“ Seit seinem Tod leitet Joshuas Witwe die Kirche, die eine große, globale Anhängerschaft besitzt.

In Großbritannien sollen die Ermittlungsbehörden wohl von einigen der Vorwürfe gewusst und nicht reagiert haben. Wie die BBC berichtet, hätten mehrere britische Opfer den Missbrauch bei den zuständigen Behörden gemeldet. Ein Ehepaar habe der britischen High Commission in Nigeria Videomaterial zukommen lassen, wie sie von SCOAN-Mitgliedern mit Schusswaffen bedroht worden sind, nachdem sie aus der Kirche geflohen waren. Das britische Außenministerium teilte dazu bislang lediglich mit, man nehme jegliche Vorwürfe von Verbrechen gegenüber britischen Staatsbürgern im Ausland sehr ernst.

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T. B. Joshuas Einfluss fußte neben seinen Predigertätigkeiten auch auf kircheneigenen Social-Media-Kanälen und einem eigenen Fernsehsender namens „Emmanuel TV“. Hier ließ er wiederholt Videos zeigen, in denen er spontane Wunderheilungen und Zukunftsvorhersagen vornahm. So sagte er 2016 den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl voraus und 2020 das baldige Ende der Corona-Pandemie.

Die Popularität, die Joshua auf diesen Wegen gewann, hielt auch an, nachdem 2014 ein Gästehaus für angereiste Anhänger eingestürzt und 116 Menschen ums Leben gekommen waren. Selbst Joshuas Tod führte nicht dazu, dass die Kirchenbewegung weniger gewachsen wäre. Seine Witwe leitete erst 2023 eine „Synagogue Church of all Nations“-Tour durch Spanien.