Berlin. Fünf Jahre lang suchten Amateur-Archäologen nach einem Gebäude, das als unauffindbar galt. Dann stießen sie auf Mauerstücke.

Sie waren Amateure. Und sie hatten nicht viel, kaum Geld, kein Fachwissen, keinen richtigen Plan. Aber sie hatten ein Ziel und eine große Portion Begeisterung. Oder Naivität. Wie man es nimmt.

Sie fingen an, tief zu graben, und fanden, wonach Archäologen vor ihnen jahrzehntelang vergeblich gesucht hatten: ein verlorenes Anwesen, in dem sich einst britische Königinnen und Könige getroffen haben sollen, den sagenhaften Collyweston-Palast. Ein spektakulärer Erfolg, der weltweit für Schlagzeilen in Fachkreisen sorgt, im heimischen „Guardian“ ebenso wie beim US-Magazin „National Geographic“.

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Seit Generationen erzählte man sich in England von diesem Gebäude. Trotz einiger historischer Erwähnungen galt es als unauffindbar. Mehrere Suchaktionen in den 1980er- und 1990er-Jahren waren erfolglos verlaufen. Bisweilen wurde seine Existenz schon angezweifelt – bis das lokale Suchteam 2023 in einem privaten Garten Mauerstücke des Palastes fand.

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Fünf Jahre hat die Gruppe von 80 Amateur-Archäologen – Teenager, Erwachsene, Senioren, allesamt aus der Gegend, also ortskundig – mit einfachsten Mitteln daran gearbeitet, in dem Dorf Collyweston in der englischen Grafschaft Northamptonshire die Überreste zu finden. Sie bezogen die gesamte Fläche des Dorfes in ihre Untersuchungen ein; zogen Volkserzählungen und Hörensagen als Wissen heran. Im März 2018 hatte sich das Team zur Collyweston Historical & Preservation Society (CHAPS) zusammengeschlossen. Neben vielem anderen ist ihr Erfolg ein Triumph der Beharrlichkeit.

Amateure am Werk: Der Lohn ihrer Mühe entpuppte sich als Sensationsfund.
Amateure am Werk: Der Lohn ihrer Mühe entpuppte sich als Sensationsfund. © Preservation Society | Collyweston Historical

„Wir hatten im Grunde nichts, was von dem Palast übrig geblieben ist. Es waren Naivität und harte Arbeit, die uns zu diesem Ergebnis geführt haben“, erinnert sich Chris Close, Vorsitzender des Vereins. „Viele von uns sind in dem Dorf aufgewachsen. Immerzu hörte man von diesem verlorenen Palast und fragte sich, ob er ein Mythos ist – oder real. Also wollten wir ihn einfach finden.“

Wissenschaftler bestätigen den Amateur-Fund

Sie sahen sich die Landschaft an, sammelten etwas Geld und organisierten eine Grabung. Mit einem Bodenradar legten sie los, und mithilfe der Anwohner fanden sie Anfang 2023 Mauerreste und Überreste eines angelegten Bachsystems.

Die University of York hat die Ausgrabungen begutachtet und zum Jahresende den Erfolg bestätigt. „Auf dem Gelände wurden unterirdische Beweise für die Datierung gefunden, darunter Steinsimse von Fenstern aus dem 15. Jahrhundert und grün glasierte Töpferwaren“, erzählt Close. Für 2024 sind fünf bis sechs weitere Ausgrabungen geplant.

Fünf Jahre lang hatte eine lokale Gruppe nach dem Gebäude gegraben.
Fünf Jahre lang hatte eine lokale Gruppe nach dem Gebäude gegraben. © Preservation Society | Collyweston Historical

Der Palast war ein Mysterium. Einigermaßen gesichert ist, dass er Mitte des 17. Jahrhunderts baufällig geworden war. Schließlich wurde er abgerissen. Das Gebäude soll einst das Lieblingsanwesen von Lady Margaret Beaufort gewesen sein, der Mutter von König Henry VII. Tudor, also ein royaler Landsitz der Tudor-Dynastie.

Der Tudor-Palast bestand seit dem 15. Jahrhundert

Laut historischen Aufzeichnungen gab es den Palast seit 1412. Seit 1485 gehörte das Anwesen zur Krone. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde er regelmäßig von Lady Margaret Beaufort besucht. Ihr Sohn Henry VII. ließ laut Aufzeichnungen die Feierlichkeiten zur Hochzeit seiner Tochter Margaret Tudor mit Jakob IV. von Schottland in Collyweston ausrichten.

Auch Königin Elizabeth I. soll den Palast besucht und Restaurationsarbeiten in Auftrag gegeben haben. Es gibt verschiedene „Reparaturbücher“, in denen ihr Name auftaucht, sowie die Beträge, die sie an örtliche Handwerker gezahlt hatte. Das Hörensagen im Dorf Collyweston hat sich als richtig erwiesen.

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