Berlin. Beim Tauchgang entdeckt: In Schweden wurde die bisher älteste Kanone Europas gefunden. Wissenschaftler staunen über neue Erkenntnisse.

Ein Hobbytaucher hat bei seinem Tauchgang an der Westküste Schwedens eine Schiffskanone aus dem 14. Jahrhundert entdeckt. Damit soll er die älteste sicher datierte Schiffsartillerie in Europa gefunden haben. Die in der Stadt Marstrand gefundene Kanone wurde ans Schifffahrtsmuseum der Universität Göteborg übergeben. Dort wurde sie von Forschenden untersucht.

In einer Studie, die in der Zeitschrift „The Mariner's Mirror“ erschienen ist, fassten die Forschenden die Ergebnisse der Untersuchung zusammen. Sie zeigen, dass „das Marstrand-Geschütz wahrscheinlich aus dem 14. Jahrhundert stammt und eines der ältesten Artilleriestücke ist, die jemals in Europa gefunden wurden“, bestätigt Staffan von Arbin, Meeresarchäologe an der Universität Göteborg.

Diese Schiffskanone stammt aus dem 14. Jahrhundert und wurde an der Westküste Schwedens entdeckt.
Diese Schiffskanone stammt aus dem 14. Jahrhundert und wurde an der Westküste Schwedens entdeckt. © Bo Niklasson/Bohusläns museum.

Älteste Kanone Europas gefunden: Schiffskanone war einsatzbereit

Die gefundene Kanone ist nur etwa 50 Zentimeter lang und hatte noch Reste eines Pulverbeutels in sich. Sie war wohl einsatzbereit, als sie auf dem Meeresboden landete. Die Artillerie ist aus bleihaltiger Kupferlegierung gefertigt – eigentlich zu spröde für Kanonen. Das zeige laut Forschenden, dass Schiffsartillerie vor rund 700 Jahren noch ganz am Anfang stand, wie die Archäologen berichten.

Die Analyse des Fundes ergab auch, dass das Kupfererz, das für die Herstellung der Kanone verwendet wurde, in der heutigen Slowakei abgebaut wurde. Das Blei stammte wahrscheinlich aus England oder der Grenzregion zwischen Polen und der Tschechischen Republik.

Älteste Kanone Europas gefunden: Wichtiger taktischer Vorteil

Im 14. Jahrhundert war die Stadt Marstrand durch ihren Hafen ein wichtiger Handelsknotenpunkt zwischen Westeuropa und dem Ostseeraum. Doch das Meer war auch Schauplatz von Kriegen und Konflikten, bei denen die Küstenbevölkerungen oft schwer betroffen waren. Dazu bestand immer die Gefahr von Piratenangriffen.

Die neuen Feuerwaffen, die zu dieser Zeit entwickelt wurden, boten in Seeschlachten große taktische Vorteile. Aber nicht nur Kriegsschiffe waren bewaffnet – während des späten Mittelalters wurden auch Handelsschiffe immer häufiger mit Kanonen ausgerüstet, um sich gegen Piraten und andere feindliche Schiffe verteidigen zu können. Die Untersuchung der Marstrand-Kanone liefert daher neue Erkenntnisse und Perspektiven zur Entwicklung dieser Militärtechnologie.

Älteste Kanone Europas gefunden: Forschende wollen Schiffwrack finden

Trichterförmige Geschütze vom Typ der Marstrand-Kanone werden normalerweise dem 15. bis 16. Jahrhundert zugeschrieben. Dieser Fund zeigt jedoch, dass dieses Modell noch einmal 100 Jahre älter ist und bereits im 14. Jahrhundert existierte.

Die erhaltenen Überreste der Ladung in der Pulverkammer des Geschützes belegen auch, dass die Verwendung von Kartuschen, einer Art Textilverpackung für die Pulverladung, viel früher in Gebrauch war als bisher bekannt.

„Der Marsstrand-Fund repräsentiert einen großen Sprung nach vorn in unserem Wissen über frühe Schießpulverwaffen, ihre Nutzung und Entwicklung“, so von Arbin und sein Team. Die Schiffskanone sei ein wirklich ein außergewöhnlicher und wichtiger Fund.

„Jetzt möchten wir natürlich auch versuchen, das Schiff zu finden und zu dokumentieren, zu dem die Kanone gehörte. Obwohl es wahrscheinlich stark abgebaut und zerbrochen ist, sollte es möglich sein, verstreute Überreste des Wracks zu finden“, sagte Staffan von Arbin. (ari)