Ubeidiya/ Israel. Vor 1,4 Millionen Jahren fertigten Steinzeitmenschen nahezu runde Kugeln aus Stein. Archäologen rätseln, wozu diese Artefakte dienten.

An der archäologische und paläoanthropologische Fundstätte Ubeidiya, im mittleren Jordan-Tal in Israel, haben Forschende zahlreiche Kugeln aus der Steinzeit ausgegraben. Das an sich ist schon eine archäologische Sensation. Noch spannender: Die fast runden und glatten Steinkugeln sind etwa 1,4 Millionen Jahre alt. Jetzt wurden sie von dem Forscher Antoine Muller von der Hebräischen Universität Jerusalem und seinen Kollegen untersucht. Ihre Studie ist in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „The Royal Society Publishing“ veröffentlicht.

Demnach sind die Kugeln weder zufällig noch natürlich entstanden. Die Forscher schließen auch aus, dass die Kugeln bloße Nebenprodukte bei der Werkzeugherstellung oder -nutzung gewesen sein könnten. „Auch wenn zufälliges Abschlagen manchmal aussehen kann wie Absicht, ist es eher unwahrscheinlich, dass dabei etwas so Unnatürliches wie eine perfekte Kugel entsteht“, konstatieren Muller und sein Team in der Studie. Auch ein bloßes Nebenprodukt der Faustkeil-Herstellung waren sie offenbar nicht. Stattdessen seien sie so lange gezielt zurecht geschlagen worden, bis sie fast perfekt kugelförmig waren. „Diese Sphäroide geben Archäologen wegen ihrer unklaren Funktion und ungewöhnlichen Form schon länger Rätsel auf“, erklären die Forschenden weiter.

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Archäologie: Verwendung der Steinzeitkugeln bleibt rätselhaft

Die Forschenden um Muller haben nun 150 der Sphäroide aus Ubeidiya per Laserscan vermessen und dreidimensional kartiert. Mit Hilfe dieser Daten bestimmten sie die Größe und Zahl der Kanten, die Winkel und Krümmung der Oberflächen sowie die Rundheit der Steinkugeln sowie die Bearbeitungszustände.

Bereits vor rund 2,9 Millionen Jahren fertigten menschliche Vorfahren durch Zurechtschlagen von Steinbrocken einfache Werkzeuge an. Doch die hatten nur wenig mit den jetzt entdeckten Steinkugeln, den sogenannte Sphäroiden, gemein. „Die Steinhauer von Ubeidiya hatten offenbar nicht das Ziel, ein glattes, nur ungefähr rundes Objekt zu erschaffen“, erklären Muller und sein Team. „Stattdessen scheint es, als strebten sie gezielt das Ideal einer perfekten Kugel an und näherten sich ihm durch immer weitere, gezielte Abschläge.“

Unklar bleibt, wofür die Steine verwendet wurden. Dienten sie als Waffen oder als Kunstobjekte? Möglich wäre, dass die Steine als Hammer verwendet, wobei sie immer stärker abgerundet wurden. Auch könne es sein, dass sie Überreste von größeren Steinbrocken sind, von denen Stücke für Faustkeile und Klingen abgeschlagen worden waren. Bisher konnten die Wissenschaftler das nicht beantworten.

Diese Sphäroide geben Archäologen wegen ihrer unklaren Funktion und ungewöhnlichen Form schon länger Rätsel auf.
Diese Sphäroide geben Archäologen wegen ihrer unklaren Funktion und ungewöhnlichen Form schon länger Rätsel auf. © Muller et al.

Archäologischer Fund: Wer hat die Steinzeitkugeln hergestellt?

Ebenso ungeklärt: Welche frühen Vertreter des Homo diese Sphäroide herstellten. Zwar liegt aufgrund ihres Alters nahe, dass der Homo erectus als erster die Steinkugeln fertigte. Aber auch andere, zeitgleich mit ihm lebende Menschenformen, kämen in Frage.

Fest stünde aber: „Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass die Sphäroide eine komplexe, formale Technologie darstellen, die die kognitiven Fähigkeiten und die Kunstfertigkeit dieser Homininen widerspiegelt“, so die Forschenden. Die Steinkugeln könnte damit zu den frühesten symmetrischen Gegenständen gehören, die Vertreter des Homo anfertigten.