Berlin. In einem Bergwerk bei Salzburg haben Archäologen einen uralten Kinderschuh gefunden. Die Forscher haben einen grausigen Verdacht.

Kinderarbeit ist ein großes Übel unserer Zeit. Zwar gelten strenge Gesetze, die Kinder schützen sollen und ihnen eine Schulbildung und damit eine Perspektive geben wollen. Dennoch sind nach Schätzungen von Unicef weltweit 160 Millionen junge Menschen von Kinderarbeit betroffen.

Die Ausbeutung kindlicher Arbeitskraft begleitet die Menschheit seit Langem – ein Fund in einem Bergwerk in Österreich legt nun nahe, dass bereits vor Jahrtausenden Kinder zur Arbeit gezwungen wurden.

Am Dürrnberg bei Hallein nahe Salzburg haben Archäologen des Deutschen Bergbau-Museums Bochum bei Ausgrabungen einen außerordentlich gut erhaltenen Kinderschuh entdeckt, der über 2000 Jahre alt ist. Das Kleidungsstück entspricht in etwa der heutigen Schuhgröße 30, dürfte also von einem Kind im Alter zwischen fünf und sieben Jahren getragen worden sein.

"Der Zustand des Schuhs ist überragend", jubelt Forschungsleiter Thomas Stöllner bei Ausgrabung in einer Mitteilung des Museums. Er erklärt, dass sich organische Materialen in der Regel im Lauf der Zeit zersetzten. Die salzhaltige Umgebung im Dürrnberg aber habe konservierende Wirkung.

Ein Kind soll diesen Schuh getragen haben – vor über 2000 Jahren.
Ein Kind soll diesen Schuh getragen haben – vor über 2000 Jahren. © Deutsches Bergbau-Museum Bochum

Kinderschuh bietet überaus seltenen Einblick

Damit lassen sich in den Bergbaustollen Überreste aus der Vergangenheit finden, die bei anderen Ausgrabungen absolute Mangelware sind, wie es in der Mitteilung heißt. "Funde wie dieser Kinderschuh, aber auch Textilreste oder Exkremente, wie sie am Dürrnberg gefunden wurden, bieten einen überaus seltenen Einblick in das Leben der eisenzeitlichen Bergleute", verdeutlicht Stöllner die Bedeutung des Kinderschuhs.

Dazu kommt, dass sich nicht nur der Schuh, sondern auch ein Rest einer Schnürung erhalten hat. So seien Rückschlüsse erlaubt, wie die Schuhe gebunden wurden, heißt es vom Museum. Seine Machart deute darauf hin, dass er im Zweiten Jahrhundert vor Christus gefertigt worden sei. Gefunden wurden demnach auch Reste einer hölzernen Schaufel und Fellreste mit Schnürung, die womöglich zu einer einer Kopfbedeckung gehörten.

Das Museum schreibt weiter, im Dürrnberg seien mehrere Funde von Lederschuhen bekannt, ein Kinderschuh jedoch sei etwas Besonders: Die Forscher werten den Fund als einen Beleg für die Anwesenheit von Kindern unter Tage.

Kinderarbeit: Im Bergbau immer noch alltäglich

In der Geschichte des Bergbaus nahmen Kinder lange Zeit eine Sonderstellung ein – und tun es noch. Ein Prozent aller Kinderarbeiter weltweit seien im Bergbau beschäftigt, schreibt der Verein "Aktiv gegen Kinderarbeit" auf seiner Internetseite. Quer über den Globus verteilt schuften Kinder in Minen, Stollen und Steinbrüchen, etwa in Albanien, in China, im Kongo, auf den Philippinen, in der Ukraine oder in Vietnam.

Sie holen dort Coltan, Diamanten, Edelsteine oder Gips aus der Erde, schleppen schwere Lasten oder meißeln Sprenglöcher. Die Arbeit nimmt einen Großteil der Zeit der Kinder ein, ist zudem lebensgefährlich.

Schwefeldampf und Staub führen zu Lungenkrankheiten wie Bronchitis oder Asthma; Minenschächte drohen einzustürzen, Steinschläge, Explosionen oder Ersticken führen zu einem gewaltsamen Tod von Menschen, die oft nicht älter sind als sieben Jahre. Oft sind die Kinder zudem verbaler oder sexualisierter Gewalt ausgesetzt.

Der Zehnjährige Issaka Zongo beim Goldschürfen in einer Mine in Burkina Faso (Archivbild, 2016.
Der Zehnjährige Issaka Zongo beim Goldschürfen in einer Mine in Burkina Faso (Archivbild, 2016. © IMAGO / Joerg Boethling

Ausbeutung bis in die 1960er Jahre

"Die Arbeit ist teilweise noch verheerender als vor 300 Jahren", schreibt das Museum Grube Samson in einem Beitrag. Kinder mussten auch damals in die engen Schächte steigen, ihre Körpergröße ermöglichte es ihnen da zu stehen, wo Erwachsene nur gebückt gehen konnten.

Oftmals schickten die eigenen Eltern ihre Kinder zur Arbeit. Die Löhne der Arbeiterinnen und Arbeiter reichten nicht, vielköpfige Familien zu ernähren. Die Kinder arbeiteten für ihr eigenes Brot, konnten nicht zur Schule gehen und blieben Minenbesitzern somit als billige Arbeitskräfte erhalten.

Erst Mitte des 19. Jahrhunderts begannen die europäischen Staaten damit, Kinderarbeit einzuschränken; Preußen etwa ging ab 1839 gegen Kinderarbeit vor, andere deutsche Staaten folgten. Im Jahr 1904 verbot das Kaiserreich die Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren. In anderen Bereichen wie der Landwirtschaft war Kinderarbeit weiterhin erlaubt – bis in die Bundesrepublik der 60er Jahre.

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