Berlin. In Mexiko fanden Forscher am Fuß einer Pyramide ein Massengrab voller Menschenopfer. Einige davon hatten künstlich verlängerte Schädel.

Archäologen haben in Mexiko einen grausigen Fund gemacht. Am Fuße einer Maya-Pyramide exhumierten sie die sterblichen Überreste von 13 Menschen. In dem lediglich 30 Zentimeter tiefen Grab fanden die Wissenschaftler neben enthaupteten Torsos zahlreiche abgetrennte Gliedmaßen. Die Umstände deuten darauf hin, dass die Toten bei einem blutigen Ritual den Götten der Maya geopfert wurden. Besonders auffällig sind fünf Schädel, die mutmaßlich zu Lebzeiten durch Menschenhand deformiert wurden.

Mit der Aushebung des Massengrabs machten die Wissenschaftler des Nationalinstituts für Archäologie und Geschichte (INAH) bereits im April international Schlagzeilen. Nach eingehender Analyse gab die staatliche Behörde im südmexikanischen Bundesstaat Tabasco nun weitere Details zu dem Massengrab bekannt. Entdeckt wurde die Grabstätte aus dem Zeitraum von 600 bis 900 in der Ausgrabungszone Moral-Reforma, rund 20 Kilometer entfernt von der Grenze zu Guatemala.

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Geköpfte Menschenopfer: Okkulte Rituale für die Götter der Maya

Die 13 Männerleichen lagen nur 12 Meter vom Treppenabsatz einer religiös genutzten Tempelpyramide begraben. Zwei der Getöteten waren geköpft, darauf deuten "horizontale Schnittspuren am Axis", also dem zweiten Halswirbel hin, wie INAH in einer Pressemitteilung bekannt gab. Anthropologin Miriam Camacho Martínez, die bei der Analyse mitwirkte, interpretierte die Spuren mit der Nutzung eines "scharfen Objekts, um den Schädel abzutrennen". Allerdings sei es schwer festzustellen, ob der Kopf vor oder nach dem Tod entfernt wurde. Lesen Sie auch: Archäologie: Sensationsfund an sagenumwobenem deutschen Berg

Bemerkenswert sind fünf Schädel, die durch künstliche Modifikation verlängert waren. In zahlreichen Kulturen entwickelten sich Traditionen zur Schädelverlängerung unabhängig voneinander. Während das Phänomen auf dem amerikanischen Doppelkontinent relativ spät Fuß fasste, betrieben die lateinamerikanischen Hochkulturen der Azteken, Inkas und Mayas den Ritus besonders intensiv. Beliebt waren bei den Inkas im südamerikanischen Hochland Schädelmodifikationen durch operative Eingriffe. Im Gegensatz zu der besonders riskanten Technik des Aufbohrens, scheinen die entdeckten Maya-Schädel behutsamer mittels enger Kopfbinden von Kindesbeinen an verlängert worden zu sein.

Geköpft und nur 30 Zentimeter unter der Oberfläche verscharrt, wurden Menschenopfer in Moral-Reforma am Fuße einer Pyramide gefunden.
Geköpft und nur 30 Zentimeter unter der Oberfläche verscharrt, wurden Menschenopfer in Moral-Reforma am Fuße einer Pyramide gefunden. © Proyecto Moral-Reforma

Deformierte Schädel symbolisierten hohe gesellschaftliche Stellung

Dabei war das Phänomen vor allem sozial höher gestellten Gruppen vorbehalten. Ungewiss ist, um wen es sich bei den Menschenopfern handelt. Überlieferungen durch Hieroglyphen zufolge richteten die Maya regelmäßig Kriegsgefangene hin. Damit könnten die Toten religiöse oder militärische Führer einer verfeindeten Gruppe gewesen sein. Gewidmet wurden sie wahrscheinlich einer Gottheit der Unterwelt, von der die Mayas eine ganze Reihe anbeteten.

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Laut "Heritage Daily" gehen die Archäologen davon aus, dass die Opfer für die Weihe eines neuen Tempels hingerichtet wurden. Die Männer zwischen 17 und 35 Jahren könnten demnach auch aus der eigenen Bevölkerung stammen. Im besagten Zeitfenster befand sich die Zivilsation der Tiefland-Maya, zu der die namenlose Stadt gehört, bereits im Niedergang.

Zivilisation im Untergang: Sollten Menschenopfer die Götter besänftigen?

Aufrund von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen verlagerte sich das Zentrum der mesoamerikanischen Kultur immer weiter nach Norden an die Künstenregion des Halbinsel Yucatán. Die Stadt im Grabungsgebiet Moral-Reforma wurde etwa um das Jahr 1000 von seinen einstigen Bewohnern aufgegeben. In derselben Epoche entvölkerten sich große Teile des Tieflands in Südmexiko aus bisher ungeklärte Gründen.

Ihre Blütezeit erlebte die namenlose Stadt zwischen 622 und 756, wie Analysen verwitterter Steinreliefs zeigten. Auf dem gesamten Areal identifizierte die INAH 76 verschiedene Bauwerke aus der Zeit vor der Ankunft Christopher Kolumbus' auf dem Kontinent, darunter auch zwei 27 Meter hohe Tempelpyramiden. Die Stadt war mit den Machtzentren Calakmul und Palenque wirtschaftlich verbunden und stand politisch in deren Abhängigkeit.