Brüssel. Die EU warnt vor einer Zunahme gefährlicher Krankheiten durch Mückenstiche – auch in Deutschland. Sorge bereitet vor allem ein Virus.

Mücken-Alarm in Deutschland und Europa: Wegen der Ausbreitung von Stechmücken, die gefährliche Krankheiten wie das West-Nil-Fieber oder das Dengue-Fieber übertragen können, hat die europäische Gesundheitsbehörde ECDC Bürger und Behörden zu Schutzmaßnahmen aufgerufen. Im vergangenen Jahr seien in der EU 92 Menschen allein am West-Nil-Fieber gestorben. Die Behörden registrierten insgesamt 1112 Fälle durch Mückenstiche erworbene Infektionen mit dem Virus, auch in Deutschland, teilte die ECDC am Mittwoch mit.

Mücken-Gefahr in Europa: Tigermücke breitet sich aus

Zudem hätten sich invasive Mückenarten wie die Tigermücke in den vergangenen Jahren in immer mehr EU-Ländern verbreitet, sagte ECDC-Direktorin Andrea Ammon. Inzwischen sind von der Tigermücke 13 EU-Länder betroffen, darunter auch Teile Deutschlands. Ammon warnte, es müsse in Europa mit mehr Infektionsfällen und auch mit Todesfällen durch Krankheiten wie das West-Nil-Fieber, Chikungunya und Dengue gerechnet werden. Die Anstrengungen müssten sich darauf konzentrieren, Mückenpopulationen zu kontrollieren, die Überwachung zu verbessern und persönliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Zum persönlichen Schutz gehört laut Gesundheitsbehörde die Verwendung von Moskitonetzen, vorzugsweise mit Insektiziden behandelt, das Schlafen in abgeschirmten oder klimatisierten Räumen, die Verwendung von Fenstergittern, Arme und Beine bedeckende Kleidung sowie die Verwendung von Mückenschutzmitteln. Als Maßnahmen zur Kontrolle der Mückenpopulationen zählt die ECDC den Einsatz umweltfreundlicher Larvenvernichtungsmittel und die Beseitigung stehender Wasserquellen, in denen sich die Mücken vermehrten. „Es ist wichtig, die Öffentlichkeit, Angehörige der Gesundheitsberufe und Reisende für die Krankheiten zu sensibilisieren, die durch Stechmücken übertragen werden“, so Ammon.

West-Nil-Fieber: Das sind die Symptome

Nach den Daten der ECDC besteht derzeit das größte Risiko durch das West-Nil-Fieber, das auch durch heimische Stechmücken übertragen werden kann: Besonders betroffen war voriges Jahr Italien mit 723 Fällen, von denen 51 tödlich verliefen, und Griechenland, wo sich 283 Menschen mit dem West-Nil-Virus infizierten und 33 Erkrankte starben. In Deutschland wurden 16 Infektionsfälle gemeldet.

Vor allem Ostdeutschland und Bayern gelten als gefährdet. Nach ECDC-Angaben wurden im vergangenen Jahr zu den schon bekannten Verbreitungsgebieten erstmals auch Fälle im Harz, dem sächsischen Vogtlandkreis, Magdeburg und dem Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt sowie Dahme-Spreewald und Teltow-Fläming in Brandenburg registriert. Mit relativ niedrigen Fallzahlen betroffen waren auch Rumänien, Ungarn, Kroatien, Frankreich, Österreich, Spanien und die Slowakei.

Eine tote Asiatische Tigermücke. Die Tigermücke ist zunehmend auch in Europa verbreitet, überträgt gefährliche Infektionskrankheiten.
Eine tote Asiatische Tigermücke. Die Tigermücke ist zunehmend auch in Europa verbreitet, überträgt gefährliche Infektionskrankheiten. © dpa | Ennio Leanza

Das West-Nil-Fieber verläuft nach Experten-Angaben meist unauffällig. Etwa jeder fünfte Infizierte entwickle eine grippeähnliche Erkrankung mit Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Rückenschmerzen, Abgeschlagenheit und Lymphknotenschwellungen. Etwa einer von 100 Infizierten erkranke schwer. Daher gehen Experten von einer Dunkelziffer nicht erkannter Ansteckungen aus. Voriges Jahre wurde in Deutschland das West-Nil-Virus bei Pferden und Wildvögeln nachgewiesen. Stechmücken können nach dem Saugen an den Tieren das Virus aufnehmen und an Menschen weitergeben.

Darum ist die Tigermücke so gefährlich

Besorgt zeigt sich die EU-Gesundheitsbehörde durch die weitere Verbreitung exotischer Mückenarten. Die Erderwärmung als Folge des Klimawandels mit immer häufigeren Hitzewellen und Überschwemmungen schaffe günstige Bedingungen für invasive Mückenarten wie die Tigermücke oder die Gelbfiebermücke.

Die Tigermücke gilt inzwischen in Teilen Europas als heimisch: In Deutschland hat sie sich nach ECDC-Angaben bereits in Teilen von Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen und in Thüringen etabliert, Fälle sind aber zum Beispiel auch schon aus Berlin gemeldet worden. Besonders betroffen sind Italien, Frankreich, Spanien, Österreich, die Schweiz, Kroatien, Bulgarien und Griechenland. So registrierten die Behörden voriges Jahr 71 Fälle von lokal erworbenem Dengue-Fieber, davon 65 in Frankreich.

Die Tigermücke ist anders als die meisten heimischen Mücken auch tagsüber auf der Suche nach Blut und deshalb besonders lästig. Vor allem gilt sie als potenzieller Überträger von mehr als 20 Viren, darunter das Denguefieber, das Chikungunya- und Zika-Virus. Mediziner raten angesichts der Entwicklung, unbedingt einen Arzt aufzusuchen, wenn nach einem Mückenstich Fieber, Gelenk-, Kopfschmerzen oder Hautausschlag auftreten. Eine besondere Therapie oder Medikamente gegen Dengue, Chikungunya-, Zika- oder West-Nil-Viren gibt es nicht, doch die Symptome können behandelt werden. Ein Impfstoff ist ausschließlich gegen das Dengue-Fieber zugelassen.