New York. Bruno Mars dominiert die Grammy-Verleihung. Es bleibt aber Platz für Botschaften.

Der große Gewinner des Abends ist Bruno Mars: Sechs Grammys bekommt der R&B- und Funk-Sänger, unter anderem für das Album des Jahres, „24K Magic“. Im titelgebenden Song singt er gut gelaunt von einer Party, auf der die hübschen Mädchen ihn umringen und „die Rakete aufwecken“. Im Video dazu tragen die Frauen Bikini und wackeln ständig mit dem Hintern. Auch 2018 noch ein Hit. Während sich gleichzeitig einige Künstler bei der Grammy-Gala in New York eine weiße Rose ans Revers heften, um im Kampf gegen Sexismus und sexuellen Missbrauch Solidarität zu zeigen. Zeichen einer widersprüchlichen Zeit.

Der Grammy gehört zu den wichtigsten Auszeichnungen der Musikwelt. Bruno Mars gewann die Grammophon-Trophäe unter anderem auch für den Song des Jahres („That’s What I Like“) und die Aufnahme des Jahres („24K Magic“). Rapper Kendrick Lamar nahm fünf Grammys mit, etwa für „Humble“ als besten Rapsong.

Der achtfach nominierte Rapper Jay-Z ging überraschend leer aus. Darüber sprachen Beobachter ebenso erstaunt wie über das Outfit von Jay-Zs Frau Beoncé („trauernde Witwe“) und über den Auftritt von Tochter Blue (6). Sie hatte ihre Eltern mit einer theatralischen Geste zur Ruhe ermahnt, als sie gerade der kubanischstämmigen Sängerin Camila Cabello applaudierten. Cabello hatte sich zu Donald Trumps Einwandererpolitik geäußert. „Hört der Frau zu!“, mochte Blue gemeint haben.

Aus deutscher Sicht erfreulich: In der Sparte Dance-/Electronic-Album ging der Grammy an die Elektro-Veteranen von Kraftwerk, für ihre Live-Auftritte-Sammlung „3-D The Catalogue“. Kraftwerk waren an gleicher Stelle bereits 2014 für ihr Lebenswerk ausgezeichnet worden – offenbar kein Grund dafür, die Karriere als Musikrentner zu beenden.

Die Grammy-Verleihung ist traditionell eine glamouröse Veranstaltung. Dieses Jahr wurde es aber zwischendurch immer auch ernst. Nicht so durchgängig wie bei den Golden Globes in Hollywood, aber Sängerin Cabello war nicht die Einzige mit politischem Anliegen. Rapper Kendrick Lamar hatte die Preisverleihungsshow im Madison Square Garden mit einem starken, düsteren Auftritt eröffnet. Unter riesigen USA-Flaggen auf Monitoren, unterstützt von U2-Bono und The Edge, rappte Lamar sich durch seinen Song „XXX“, der von Gewalt in amerikanischen Straßen und vom fehlenden Vertrauen in die Gesellschaft handelt, in der Afroamerikaner zu oft verlieren, zu oft sogar ihr Leben. Lamars „Alright“ von 2016 war zu einer Hymne der „Black Lives Matter“-Bewegung geworden.

Als „#MeToo“-Moment des Abends galt wiederum der Auftritt der Sängerin Kesha. Von Sängerin und Schauspielerin Janelle Monaé wurde sie mit den Worten „Die Zeit ist um für ungerechte Bezahlung, für Belästigung und den Missbrauch von Macht“ angekündigt, dann sang Kesha kämpferisch und unterstützt von einem weiß gekleideten Frauenchor – unter anderem mit Cindy Lauper – „Praying“. Der Song gilt als Abrechnung mit Keshas früherem Produzenten Dr. Luke, dem die Sängerin lange vor „#MeToo“ Missbrauch vorgeworfen hatte. Am Ende des Auftritts wurden einige Tränen vergossen.

Hillary Clinton überrascht mit Einspieler über Donald Trump

Die größte Überraschung der Show gelang aber Hillary Clinton. In einem Videoeinspieler, in dem Prominente aus dem Trump-Enthüllungsbuch „Fire and Fury“ vorlasen, tauchte die einstige Präsidentschaftskandidatin der Demokraten ganz zum Schluss auf und las lächelnd die Passage über Trumps Vorliebe für Schnellrestaurants. Das Publikum im Saal feierte sie begeistert.

Frauen legten zwar mehrere starke Auftritte hin, wurden bei den Preisen aber wenig berücksichtigt. So waren etwa in der Kategorie „Bestes Pop-Gesangsalbum“ Lady Gaga, Kesha und Lana Del Rey nominiert, den Preis gaben die Entscheider der National Academy of Recording Arts and Science aber dem Briten Ed Sheeran. Zuschauer äußerten sich enttäuscht, dass der Gewinner nicht anwesend war.

Mit der Grammy-Verleihung feiert die US-Musikbranche seit 1959 sich selbst; in inzwischen mehr als 80 Kategorien. Die meisten Preise werden vor der Gala verliehen, damit dann Zeit ist für die weltweit bekannten Superstars.