Edmonton. In Kanadas Provinz Alberta sind bereits 2000 Quadratkilometer zerstört.

Die gewaltige Feuerwalze in der kanadischen Provinz Alberta ist nicht zu stoppen. Nach Fort McMurray rollt sie jetzt auf die Nachbarprovinz Saskatchewan zu. Die Flammen haben sich innerhalb von 24 Stunden um das Doppelte ausgebreitet – 2000 Quadratkilometer sind bereits verbrannt. Die Fläche könnte sich schnell auf 3000 Quadratkilometer ausdehnen, sagte Albertas Regierungschefin Rachel Notley. Laut dem Feuerwehrchef von Fort McMurray, Darby Allen, ist eine Ausweitung gar auf 4000 Quadratkilometer möglich. Nur Regen könnte das Feuer stoppen, doch der ist nicht Sicht. Laut Brandschutzbehörde könnte es noch Monate brennen.

Notley wandte sich an die etwa 90?000 Bewohner aus Fort McMurray in Alberta, die in einer dramatischen Rettungsaktion die Stadt verlassen mussten: „Selbst wenn das Feuer gelöscht ist, fällt noch enorm viel Arbeit an, um die Stadt wieder sicher und bewohnbar zu machen“, sagte sie. Die Häuser hätten keinen Strom. Das örtliche Wasser sei „nicht trinkbar“, und überall drohten Gefahren.

Vor Ort warnt die Feuerwehr davor, dass „das Feuer überspringt“, berichtet ZDF-Korrespondent Johannes Hano nur wenige Kilometer entfernt von Fort McMurray. Es sei so heiß in den Flammen, dass der Sog brennende Bäume aus der Erde rausreiße und teilweise kilometerweit entfernt wieder ablade. Bäume fielen wie Feuerwerkskörper auf Häuser, Tankstellen gingen in die Luft.

Es grenze an ein Wunder, dass bislang niemand in den Flammen umgekommen ist, sagt Feuerwehrchef Allen. Allerdings starben zwei Teenager bei einem Autounfall auf dem Weg aus der Stadt. In ihrer Panik, der Feuerwalze nicht rechtzeitig zu entkommen, waren Autofahrer auf Bürgersteige ausgewichen, um die Fahrzeugkolonnen zu überholen.

Ein Bewohner von Fort McMurray berichtete in der „New York Times“, dass er mit Kind und Hund im Wagen das Sechsfache der üblichen Fahrtzeit aus der Stadt gebraucht habe. Einige seiner Nachbarn seien neun Stunden in Kolonnen eingekeilt gewesen.

„Es war traumatisch. Der Himmel war pechschwarz, und ich konnte kaum noch atmen“, berichtet Greg, einer der Bewohner von Fort Murray, der in Edmonton untergebracht wurde. 25 000 Verbliebene wurden noch am Wochenende über eine Luftbrücke ausgeflogen.

In Fort McMurray sollen mindestens 2000 Gebäude in Schutt und Asche liegen. Bilder von abgebrannten Häusern und Autos erinnern an Krieg, berichten die Medien. Wie Greg haben Tausende tagelang in einem Camp ausgeharrt und gehofft, die Feuersbrunst würde sich legen.

Es gab auch gute Nachrichten von der chaotischen Räumung der Stadt. Ein Baby erblickte mitten im Chaos das Licht der Welt. Ein verlobtes Paar wollte nach der Flucht aus dem Inferno nicht länger warten und stellte in nur fünf Stunden seine Hochzeit auf die Beine.

Teuerste Katastrophe in der Geschichte des Landes

Starker Wind treibt die Feuerwalze ungebremst Richtung Norden voran, wo vor allem große uralte Fichtenwälder die Landschaft prägen. Hier leben Schwarzbären, Elche und Heerscharen von Vögeln.

Kanadische Medien sprechen von der schlimmsten und teuersten Katastrophe in der Geschichte des Landes. Zu den geschätzten Verlusten von bereits neun Milliarden kanadischen Dollar (etwa sechs Milliarden Euro) zählt der Ausfall der Öleinnahmen.

Eine Million Barrel kam täglich aus der für ihren Ölsand bekannten Region, so die Zeitung „Globe and Mail“. Das sei ein Viertel von Kanadas gesamter Ölproduktion. Ölkonzerne wie Shell haben wegen des Feuers vorsorglich ihre Produktion in der Region heruntergefahren. Der Ölpreis ist dadurch bereits gestiegen. Wie lange das Feuer die Ölsandgewinnung lahmlegen wird, ist unklar.