Zwickau. 269 befristete Verträge, die nach zwölfmonatiger Laufzeit in Kürze auslaufen, würden nicht verlängert werden. Die IG-Metall kritisiert dies scharf.

Volkswagen baut Hunderte Stellen in seiner E-Auto-Fabrik in Zwickau ab. 269 befristete Verträge, die nach zwölfmonatiger Laufzeit in Kürze auslaufen, würden nicht verlängert, teilte das Unternehmen am Donnerstag nach einer Betriebsversammlung mit. Auch der Schichtbetrieb müsse voraussichtlich angepasst werden. Das konkrete Vorgehen werde in den nächsten Tagen mit dem Betriebsrat abgestimmt.

Als Grund wurde „die aktuelle Marktsituation“ genannt. Angesichts hoher Inflation und zurückgehender Kaufprämien halten sich Kunden bei Elektroautos zurück. In Zwickau werden ausschließlich E-Autos gebaut für Volkswagen, Audi und Cupra. Befürchtet wird, dass weitere befristet Beschäftigte - derzeit sind es den Angaben zufolge etwa 2200 - ein ähnliches Schicksal trifft und ihr Vertrag nicht verlängert wird. In dem Werk arbeiten insgesamt etwa 10.700 Menschen.

Das Zwickauer Werk stehe nicht zur Disposition

„Volkswagen ist vom Weg in die Elektromobilität weiterhin zu 100 Prozent überzeugt“, betonte ein Sprecher. Eine Kurskorrektur sei nicht geplant. Auf der Betriebsversammlung sei klargestellt worden, dass das Zwickauer Werk nicht zur Disposition stehe und dort weiter investiert werde. Es war bisher Vorreiter der Elektromobilität im Unternehmen. Neben den Modellen ID.3, ID.4 und ID.5 werden dort auch der Q4 e-tron und der Q4 Sportback e-tron von Audi sowie der Cupra Born produziert. Der letzte Verbrenner war 2020 vom Band gelaufen.

Trotz schleppender Auslastung des Werks soll die Produktion des Audi Q4 e-tron und des ID.3 auf andere Standorte ausgeweitet werden. „Wir werden den Q4 e-tron ab Ende 2023 auch in Brüssel produzieren - zusätzlich zur Fertigung in Zwickau“, sagte eine Audi-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Der ID.3 soll ab Herbst auch in Wolfsburg - zunächst nur in kleinen Stückzahlen - vom Band laufen. Die Teile für die Endmontage werden zunächst aus Sachsen geliefert, im kommenden Jahr ist dann die Vollproduktion in Wolfsburg geplant.

Die Kapazität in Zwickau habe nicht ausgereicht

Ursprünglich waren alle sechs Modelle von VW, Audi und Cupra, die in Zwickau gebaut werden, ausschließlich dort produziert worden. Auch den US-Markt hatte VW zunächst von Sachsen aus bedient und den ID.4 per Schiff nach Amerika gebracht. Das hatte die damals ohnehin langen Lieferzeiten für die E-Autos noch vergrößert. Inzwischen baut VW die Fahrzeuge für den US-Markt in Chattanooga (Tennessee), wo im Oktober 2022 die Produktion des Modells angelaufen ist. Der Export aus Zwickau wurde daraufhin eingestellt.

Bereits im Mai 2022 war der ID.4 auch in Emden angelaufen. Und das zweite E-Modell von Cupra, das ID.5-Schwestermodell Tavascan, hatte der Konzern Ende 2022 nach China vergeben. Er soll noch in diesem Jahr im Werk in Anhui anlaufen. Die Standortentscheidung hatte VW damit begründet, dass die Kapazität in Zwickau für das weitere Modell nicht ausgereicht hätte.

Die Elektromobiliät habe eine klare Priorität

Trotz aktueller Schwierigkeiten sieht das Automotive Cluster Ostdeutschland keine Abkehr von der Elektromobilität. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass dieser Wandel ein steiniger Weg werde, sagte Verbandsgeschäftsführer Jens Katzek der Deutschen Presse-Agentur. „Die Elektromobilität hat eine klare Priorität für die Zukunft. Daran ändert sich nichts.“ Doch müsse dieser Weg von Politik und Unternehmen gemeinsam gegangen werden.

Katzek beklagte eine Verunsicherung der Verbraucher durch politische Entscheidungen. Als Beispiel nannte er bürokratische Hürden bei der Förderung von Elektro-Autos. So könnten Anträge hierfür erst mit der Zulassung des neuen Wagens gestellt werden und es gebe keinen Rechtsanspruch auf den Zuschuss. Dadurch müssten Autokäufer zunächst in Vorleistung gehen - ohne genau zu wissen, ob sie die Förderung auch erhalten. Ein zentrales Element sei zudem der Ausbau der Ladeinfrastruktur. Hier fehle es an Dynamik, monierte Katzek.

IG Metall kritisiert Stellenabbau bei VW in Zwickau scharf

Die Gewerkschaft IG Metall hat den Abbau Hunderter Stellen im Zwickauer Volkswagen-Werk scharf kritisiert. Das sei für die Betroffenen und ihre Familien eine persönliche Katastrophe, sagte der Erste Bevollmächtigte in Zwickau, Thomas Knabel, nach einer Betriebsversammlung am Donnerstag. Zudem blieben viele offene Fragen zur künftigen Fahrweise und der Personalplanung.

Knabel kritisierte den Umgang mit befristet angestellten Mitarbeitern. Im Juni seien zwar 540 Verträge entfristet worden. Alle anderen warteten jedoch auf eine klare Perspektive. „Aber sie alle haben gemeinsam mit der Stammbelegschaft entscheidend dazu beigetragen, dass Zwickau so reibungslos zum größten E-Auto-Werk des Konzerns umgebaut wurde.“ Dass sie über ihre persönliche Zukunft seit Wochen hingehalten würden, sei ein Umgang, „den wir so bei Volkswagen bislang nicht kennen und auch nicht akzeptieren wollen“.

Die Gewerkschaft sieht auch die Politik in der Pflicht und kritisierte Ministerpräsident Michael Kretschmer. „Als handelnder Akteur bewegt man sich in dieser Arena und kämpft für Industriearbeitsplätze in Sachsen, statt sich einen Zuschauerplatz auf den Rängen zu gönnen“, monierte Knabel. Er forderte von Kretschmer eine aktivere Rolle in den anstehenden Gesprächen über die Zukunft der Elektromobilität am VW-Standort Zwickau.