Hannover. Ein halbes Jahr nach dem Start ist das Handy-Warnsystem in Niedersachsen 20-mal ausgelöst worden. Aber auch Sirenen sollen aufgestockt werden.

Ein halbes Jahr nach seiner Einführung in Deutschland ist das Handy-Warnsystem Cell Broadcast in Niedersachsen 20-mal eingesetzt worden. Dabei ging es neben Gefahren durch Brände und Funde von Fliegerbomben vor allem um heftige Unwetter, wie ein Sprecher des Mobilfunkbetreibers Vodafone sagte. Als Beispiel nannte er das schwere Gewitter mit extrem heftigen Starkregen im Landkreis Cloppenburg am 9. Juli und extreme Orkanböen im nördlichen Emsland sowie in Ostfriesland bis zum Jadebusen am 5. Juli während des Sturmtiefs „Poly“. Im Bundesland Bremen gab es den Angaben zufolge keine Warnungen.

Das System Cell Broadcast habe sich bewährt, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums in Hannover am Mittwoch. Es gebe aber nicht das eine System, letztendlich mache der Warn-Mix das Ganze aus. Wichtig seien auch Sirenen, Lautsprecherdurchsagen sowie weitere Warn-Apps.

Naturereignisse sind den Angaben zufolge der Anlass gewesen, um Cell Broadcast deutschlandweit einzuführen. Die Entscheidung sei nach der Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Juli 2021 gefallen. Bundesweit erfolgten in den sechs Monaten seit der Einführung der Handy-Warnungen am 23. Februar 138 Meldungen zu Ereignissen wie Großbränden, Kriegsbomben, heftigen Gewittern, Orkanböen, Starkregen, und Überflutungen. Dazu kamen Aktualisierungen und ein Probealarm.

Cell Broadcast funktioniert auch ohne installierte App – Warntag am 14. September

Das Cell Broadcast Warnsystem ergänzt die bereits vorhandene Warnstruktur bestehend aus Sirenen, Rundfunk, TV oder Apps. Auch ohne eine installierte App alarmiert der Cell Broadcast die Menschen in dem gefährdeten Bereich. Alle Menschen, die mit ihrem Handy in der betroffenen Funkzelle eingeloggt sind, bekommen dann automatisch eine Benachrichtigung. Übermittelt wird die Warnung über alle deutschen Netzbetreiber, also auch über Telekom und O2.

Am 14. September wird ein bundesweiter Warntag stattfinden. An diesem Tag soll die Belastbarkeit des Warnsystems getestet werden. Nach Schätzungen des Mobilfunk-Betreibers Vodafone sollen dann über 50 Millionen Handys in ganz Deutschland um elf Uhr einen Alarmton abgeben.

Land Niedersachsen setzt zudem auf Sirenen

Darüber hinaus will das Land Niedersachsen aber auch die Warnungen durch Sirenen weiter ausbauen. Sirenen warnen auch diejenigen, die im Funkloch stecken oder ihr Handy nicht dabei haben.

Sirenenförderprogramme wurden laut Innenministerium schon sehr gut in Anspruch genommen. Die rund zehn Millionen Euro der Landesförderung seien ebenso wie die rund 8,8 Millionen Euro aus der Bundesförderung mittlerweile komplett verplant, hätten aber den tatsächlichen Bedarf nicht decken können, sagte die Sprecherin. Daher prüfe die Landesregierung derzeit, ein weiteres Förderprogramm aufzulegen.

Mit den Landesmitteln wurden 773 und mit den Bundesmitteln 623 Sirenenstandorte in Niedersachsen gefördert. Nach den dem Land vorliegenden Daten der kommunalen Aufgabenträger verfügt das Land Niedersachsen aktuell über 5518 Sirenenstandorte.

Die Debatte um Warnungen durch Sirenen kam durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine erneut auf. Politiker drängten bereits im Sommer 2021 und somit vor Beginn des Krieges auf einen Ausbau des Sirenennetzes und eine Modernisierung der bestehenden Anlagen. Bei schweren Unwettern in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz kamen im Sommer 2021 zahlreiche Menschen ums Leben. Dabei ging es auch um die Frage, wie man die Menschen früher und besser hätte warnen können.