Celle. Unbekannte haben Fenster am Sitz der Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten beschädigt. War es Sachbeschädigung – oder ein Anschlag?

Am Sitz der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten in Celle sind zwischen Montag und Dienstag drei Fenster zerstört worden. Ein Schild sei von der Fassade gerissen worden und damit seien die Scheiben beschädigt worden, sagte der Celler Polizeisprecher Dirk Heitmann dem epd am Dienstag.

Während die Stiftung selbst einen Anschlag vermutet, geht die Polizei Heitmann zufolge zunächst von einer Sachbeschädigung aus. Politiker verurteilten die Tat. Der Staatsschutz ermittle. Hinweise auf mutmaßliche Täter lägen bisher nicht vor. Die Polizei in Celle nimmt solche Hinweise unter (05141) 277-0 entgegen.

Bereits eine Woche zuvor sind Heitmann zufolge in unmittelbarer Nähe zum Stiftungsgebäude Aufkleber der rechten Szene entdeckt worden. Diese seien unmittelbar entfernt worden. Auch hier liefen die Ermittlungen. Die Stiftung ist unter anderem Trägerin der Gedenkstätte an das Konzentrationslager Bergen-Belsen.

Die Stiftung hat laut Geschäftsführerin Elke Gryglewski Anzeige erstattet. Gryglewski zog eine Verbindung zu einem Demonstrationsaufruf gegen den niedersächsischen Landesparteitag der AfD am kommenden Wochenende in Celle. Die Stiftung und die Gedenkstätte Bergen-Belsen haben zusammen mit anderen Initiativen und Einzelpersonen zu der Kundgebung aufgerufen. Gryglewski erneuerte diesen Appell noch einmal ausdrücklich. Auch wenn sich nur eine Minderheit gewalttätig äußere, sei es wichtig, dass die Gesellschaft klar für demokratische Strukturen eintrete, sagte sie.

Niedersachsens Ministerpräsident äußert sich zu Zerstörung in Celle

Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) forderte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten auf, sich „durch die mutwilligen Beschädigungen an Ihrem Gebäude nicht einschüchtern“ zu lassen. „Wir sind dankbar für die wertvolle Arbeit der Stiftung, die die Erinnerung an die grausamen Gewalttaten der NS-Zeit lebendig hält und für den Einsatz gegen jede Form von Rechtsextremismus.“ Die Sprecherin für Gedenkstätten der Grünen im Landtag, Lena Nzume, nannte den Übergriff „zutiefst verabscheuenswürdig“. Gedenkstätten seien wertvolle Bildungsorte, die mit ihrer Arbeit greifbar und erlebbar machten, wozu antidemokratische und totalitäre Systeme fähig seien.

Eine Mitarbeiterin hatte die gesplitterten Fensterscheiben bemerkt.
Eine Mitarbeiterin hatte die gesplitterten Fensterscheiben bemerkt. © dpa | Stiftung Niedersächsische Geden

Die Sprecherin der Stiftung, Stephanie Billib, berichtete, eine Mitarbeiterin habe am frühen Dienstagmorgen die Löcher und Risse in den Sprossenfenstern entdeckt. Auch Billib verwies auf die Aufkleber der rechten Szene mit Parolen wie „Deutsche Jugend voran“, die aus Sicht der Stiftung auf einen möglichen Anschlag hindeuteten. Zudem habe ein Arzt aus Hannover, gegen den aktuell wegen antisemitischer Volksverhetzung ermittelt wird, auf seiner Internetseite die Stiftung im Zusammenhang mit den geplanten Protesten gegen den AfD-Parteitag benannt.

„Wir nehmen auch wahr, dass es in den letzten Tagen an mehreren Orten Aktivitäten gegeben hat“, sagte die Sprecherin. So seien in Moringen Hakenkreuzschmierereien entdeckt worden. In der vergangenen Woche habe der Holocaustleugner Reza Begi die Gedenkstätte Bergen-Belsen besucht. Er habe dort offenbar gefilmt und fotografiert und die Inhalte in den sozialen Medien geteilt und kommentiert.

Zur Stiftung niedersächsische Gedenkstätten gehört auch die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel. Zudem fördert und begleitet sie weitere Gedenkstätten in Niedersachsen. Zu ihren Aufgaben zählen die historisch-politische Bildung und die Forschung zu Geschichte und Folgen der NS-Verfolgung. In Bergen-Belsen starben mehr als 52.000 KZ-Häftlinge und rund 20.000 Kriegsgefangene.