Braunschweig. 300 Jugendliche aus der Region nahmen am „Digital Day“ unserer Zeitung zum Thema Falschmeldungen teil.

Der Krieg in der Ukraine sei gar kein Krieg, sondern vielmehr eine Befreiungsaktion. Diese Meldung, die Russlands Machthaber Putin verbreitet, entspricht nicht der Wahrheit. „Fake News“: Dieser Begriff hat in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung hinzugewonnen – und er prägte die Diskussionsrunde, die anlässlich des „Digital Day“, also einer Veranstaltung für die Projekte unserer Zeitung „Mediacampus“ und „Zukunft Bilden“, stattfand.

Azubis und Schüler der Region haben teilgenommen

Rund 300 Anmeldungen waren im Vorfeld bei unserer Zeitung eingegangen: Mit dabei waren auch Schulklassen aus dem Raum Braunschweig, Wolfsburg und Wolfenbüttel. Auf die Aktion unserer Zeitung wurden sogar zwei Schulen aus der Ferne aufmerksam, nämlich die Geestlandschule Fredenbeck und das Gymnasium Bad Nenndorf. Darüber hinaus nahmen Auszubildende aus der Region teil.

Zum Einstieg stand im Mittelpunkt, noch einmal zu klären, was genau Fake News sind. Im Unterschied zu Falschmeldungen oder Gerüchten etwa. Der Braunschweiger Medienexperte Falk-Martin Drescher betonte: „Fake News sind absichtliche Falschmeldungen.“ Ein Beispiel dafür sei, dass Bill Gates die Menschen zwangsimpfen wolle. Es gehe um Stimmungsmache, um Beeinflussung – und diese Nachrichten zielen darauf ab, dass möglichst viele Nutzer sie teilen, kommentieren. Daher der dringende Appell Dreschers: „Kontrolliert, wer der Absender der Nachricht ist!“ Handele es sich um eine einzelne Person, so würde es sich lohnen, die Profile anzuschauen: Wie viele Leute folgen der Person? Ist das Profil neu? Handelt es sich um ein vermeintliches Unternehmen, so sei ein Blick ins Impressum auf jeden Fall angebracht. „Recherchiert im Internet. Gibt es weitere Medien, die diese Nachricht veröffentlicht haben?“, erklärte Drescher, der ebenso auf sogenannte Social Bots einging, also Computerprogramme, die in den sozialen Medien vollkommen automatisiert Nachrichten oder Meinungen verbreiten, um ebenfalls zu beeinflussen – so geschehen bei der US-Wahl 2016 etwa, oder in der Pandemie. „Hier solltet ihr darauf achten, wie die Sätze formuliert sind und euch fragen, ob ein normaler Mensch so schreiben würde.“

Beim Faktencheck können einige Internetportale helfen

Drescher zeigte den Jugendlichen anhand von Videomaterial eine Menge von „Fake News“: Kampfszenen sind unter anderem zu sehen, es wird behauptet, dass diese Bilder aus dem Ukraine-Krieg stammen. Doch die Videos sind nicht echt, viel älter – und aus dem Zusammenhang gerissen. Er rät seinen Zuhörern, stets skeptisch zu sein, Zahlen und Daten zu checken. Und er empfiehlt für den Faktencheck einige Portale, die sich bewährt hätten.

Die Meinungsfreiheit sei ein hohes Gut, aber sie habe Grenzen: „Da, wo es um üble Nachrede, um die Verletzung von Persönlichkeitsrechten, um Volksverhetzung geht“, stellt der Medienexperte klar. Und er erhält Zuspruch von Carolin Scherf, Pressesprecherin bei der Polizei Braunschweig. Denn an sie ist die Frage der Schüler gerichtet, ob man bestraft werden kann für das Verteilen von Fake News? „Andere Meinungen müssen wir aushalten, auch wenn wir sie nicht nachvollziehen können“, sagt Scherf, schränkt aber ein: „Geht es aber um Beleidigung, um Verleumdung, um das Auffordern von Straftaten, dann ist das nicht erlaubt. Trifft einen das selbst, dann kann man zur Polizei gehen und Strafanzeige stellen.“

Meinungsfreiheit in ein hohes Gut

Philipp Engel, der das Online-Ressort der Braunschweiger Zeitung verantwortet, spricht sich ebenfalls dafür aus, die Meinungsfreiheit so hoch wie möglich zu hängen. Die sogenannte Klatschpresse kalkuliere sogar Klagen ein, verstoße sie bewusst gegen das Persönlichkeitsrecht, wenn sie beispielsweise von Trennungen bestimmter Promis schreibt oder ihnen schwere Krankheiten „anhängt“.

Schwierig sei es derzeit für die Russen im eigenen Land, sich unabhängig zu informieren, geben die Experten zu. Freie Medien haben das Land auch aus Angst vor Verfolgung längst verlassen, ausschließlich staatlich gelenkte Medien informieren. „Da sieht man, welche Macht Medien haben können“, betont Engel. „Hier trifft nicht zu, recherchieren zu können, um gegenzuchecken. Denn mit Ausnahme der Staatsmedien ist alles gesperrt.“ Wer Kontakt zu Russen habe, der solle ihnen Artikel schicken, wie im Rest der Welt berichtet werde.

Schulfach Medienkompetenz wünschen sich alle Podiumsteilnehmer

Alle Experten sprechen sich schließlich für das Schulfach „Medienkompetenz“ aus, nachdem weitere Teilnehmer nach der Meinung fragten. „Das ist ein riesengroßes Feld, und ich finde das unheimlich wichtig“, erklärt Philipp Engel. Denn nicht nur die Fake News würden dazugehören, auch der Datenschutz etwa sei hier ein Thema. Carolin Scherf betont: „Meine Generation ist mit Medien bereits aufgewachsen, aber die heutigen Grundschulkinder sind es noch einmal ganz anders.“ Da gehe es um Grundkompetenzen – auch für Eltern und Lehrkräfte.