Hagen am Teutoburger Wald. Schneiderin und Designerin Stefanie Ludwig aus der Nähe von Osnabrück liefert ihre Maskottchen an grundverschiedene Kunden.

Ihre lebensgroßen, farbenfrohen Maskottchen unterhalten wartende Touristen vor dem Fernsehturm am Berliner Alexanderplatz, treten in Kinder-Musicals auf, machen Werbung für diverse Stadtwerke oder Tourismusverbände, heizen für Sportvereine Stimmung an, sorgen für Gaudi in Freizeitparks oder spenden Kindern Trost: Es gibt fast nichts, was Stefanie Ludwig und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht schon erschaffen haben.

Die Werkstatt in Hagen am Teutoburger Wald in der Nähe von Osnabrück ist voll mit Kundenprojekten. Da steht ein großer Schweinehund. Das Maskottchen, vor einiger Zeit angefertigt für den Landessportbund Nordrhein-Westfalen, ist schon zu seiner zweiten Reinigung zurück bei seinem Schöpferteam. Ein paar Meter weiter wartet Aqualichen auf ihre Fertigstellung – das gut und gerne zwei Meter große Maskottchen ist für den Verein Mobile Kinder-Kultur-Arbeit in Rottenburg am Neckar bestimmt.

Und auch Hutini wartet noch auf seine Vollendung: Bei dem riesengroßen mannshohen blauen Hut, bestimmt für die Basketball-Abteilung Crailsheim Merlins des TSV Crailsheim, fehlt noch ein bisschen Farbe. „Da muss noch Airbrush drauf“, erklärt Ludwig.

Ludwig designt zuerst Kostüme, baut dann Maskottchen

Die 51 Jahre alte Schneidermeisterin ist seit 1993 mit ihrer Firma in Hagen am Teutoburger Wald bei Osnabrück selbstständig. Dass sie mit ihrer Firma mit drei Mitarbeiterinnen und einem Praktikanten heute comicartige Ganzkörperkostüme für einen riesigen Strauß für Kunden fertigt, habe sich vor etwa 15 Jahren so ergeben, erzählt die Unternehmerin. In der ersten Hälfte der Nullerjahre seien zuerst in den USA Sportmaskottchen populär geworden. Bald kam der Trend auch hier in Deutschland an. Für den Fußballbundesligisten Borussia Mönchengladbach kreierte sie das erste Maskottchen. Andere Vereine folgten. Inzwischen ist die Herstellung dieser besonderen Kostüme ihre geschäftliche Basis.

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Ihr Weg zu Kostümen und später zu Maskottchen begann während ihrer Ausbildung zur Modedesignerin und Damenschneiderin in Hannover in den frühen 1990er-Jahren. Bei einer Modenschau in der Eilenriede-Halle habe sie 1992 ein Modell kennen gelernt, der als Travestie-Künstler im Chapeau Claque in Hildesheim arbeitete, erzählt Ludwig. „Für ihn habe ich die ersten Kostüme gemacht, ein Madonna-Kostüm oder ein Grace-Jones-Kostüm“, erzählt die Schneiderin. Auch für andere Darsteller und Darstellerinnen aus der Travestie-Show habe sie die Kostüme genäht.

Stefanie Ludwig steht neben Stoffbahnen in ihrer Kostümwerkstatt.
Stefanie Ludwig steht neben Stoffbahnen in ihrer Kostümwerkstatt. © dpa | Friso Gentsch

Da sie schon 1997 für ihr Unternehmen eine Internetseite gehabt habe, sei eine Agentur auf sie aufmerksam geworden, die ihr einen Kostüm-Auftrag für den Frankfurter Opernball vermittelt habe. So wiederum sei sie an Aufträge der Modeschmuckfirma Swarovski gekommen, die ihr für einige Jahre volle Auftragsbücher gegeben habe.

1999 dann habe sie ihr erstes Nilpferd-Maskottchen im Formbau gemacht, „richtig dick und fett“, erzählt Ludwig. Damals habe sie sich die Technik angeeignet, die bis heute ein wenig ihre Marktnische ist: Ihre Formen baut sie aus Schaumstoffmatten, was die Figuren in ihrer Form stabil und widerstandsfähig macht. „Die müssen auch was aushalten“, sagt Ludwig.

Jedes Maskottchen hat ein Hintergrundthema

Ludwig fertigt seit 1993 mit ihrem Team Maskottchenkostüme für Unternehmen, Vereine und Kulturveranstaltungen. Foto: Friso Gentsch/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Ludwig fertigt seit 1993 mit ihrem Team Maskottchenkostüme für Unternehmen, Vereine und Kulturveranstaltungen. Foto: Friso Gentsch/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ © dpa | Friso Gentsch

Inzwischen dreht sich alles in ihrer Werkstatt um die Herstellung von Maskottchen. Und Ludwig samt ihren Mitarbeiterinnen leben diesen Job. „Das macht richtig Spaß“, sagt die Firmenchefin, und bringt mit Spraydosen ein wenig Airbrush auf Hutini auf, damit die Falten älter aussehen.

Für den Verein Mokka in Rottenburg am Neckar habe sofort festgestanden, dass Stefanie Ludwig den Auftrag für das Aqualinchen bekommen sollte, erzählt Mokka-Geschäftsführerin Catrin Kläger. Sie habe auch andere Arbeiten von ihr gesehen und die „richtig klasse“ gefunden. In der am Neckar gelegenen Stadt sei Wasser ein großes Thema. Als Jugendhilfeträger habe der Verein auch ein mit Spielsachen vollgepacktes Spielmobil, das zum Beispiel zu Spielplätzen fahre. „Wir wollen das Thema Natur und Umwelt vertiefen, und da haben wir gesagt, wir machen was Passendes zum Thema Neckar, etwas, was einen guten Wiedererkennungswert hat.“

Auf Ludwigs Atelier sei sie über die Stadtwerke Rottenburg gekommen, die bereits ihr Maskottchen Rosi – eine gelbe Ente – in der Werkstatt im Teutoburger Wald fertigen ließen. Eine Kollegin habe einen Entwurf von Aqualinchen gemacht – eine Mischung aus einem Wassertropfen und einem Drachen. „Wir wollten ein Maskottchen haben, was die Kinder wiedererkennen und anspricht.“ Den Entwurf habe das Team von Ludwig „mega gut“ umgesetzt.

Gestaltungszeit für ein Maskottchen: zwischen ein und drei Wochen

Ludwig habe Bilder geschickt, die die Entstehung von Aqualinchen zeigen. Inzwischen ist das lebensgroße Maskottchen fertig. „Als die Kiste ankam, waren wir alle völlig aus dem Häuschen“, erzählt Kläger. Inzwischen stehe Aqualinchen bei ihr im Büro. „Ich kann ihr jeden Tag guten Morgen sagen.“ Seinen ersten öffentlichen Auftritt solle das Maskottchen bei einem Fest im Frühjahr haben.

Zwischen einer und drei Wochen dauere es, bis ein Maskottchen fertig sei. „Plus 28 Jahre Erfahrung, weil ich es vor 28 Jahren ja nicht in zwei Wochen hätte machen können“, sagt Ludwig.