Hannover. Eine Studie warnt, dass es in einem Jahrzehnt in vielen Landkreisen schwierig wird, Hausärzte zu finden. Die Lösung könnten Gesundheitszentren sein.

In Niedersachsen könnten in einigen Jahren laut einer Studie in vielen Regionen mehr Hausärzte fehlen. So soll die Hausarztdichte von 2019 bis 2035 im Landkreis Osnabrück um 47 Prozent zurückgehen, im Emsland um 43 Prozent und im Landkreis Aurich um 41 Prozent, hieß es in einer Studie im Auftrag der Robert Bosch Stiftung. Unter den deutschen Großstädten sind in Niedersachsen Oldenburg mit einem Rückgang von 20 Prozent, Osnabrück mit Minus 14 Prozent und Delmenhorst mit Minus 13 Prozent besonders betroffen. Bundesweit fehlen dieser Prognose zufolge bis 2035 etwa 11.000 Hausärzte, rund 40 Prozent aller Landkreise dürften betroffen sein.

„Im Extremfall müssen Patienten in unterversorgten Kreisen damit rechnen, in ihrem Umfeld keinen einzigen niedergelassenen Hausarzt zu haben“, sagte Hans-Dieter Nolting, Geschäftsführer des IGES-Instituts, das die Studie vorgenommen hat. Die Studie geht von der Altersstruktur der derzeit praktizierenden Hausärzte aus sowie von der beruflichen Orientierung der nachwachsenden Ärztegeneration.

Weniger Ärzte lassen sich als Hausarzt nieder

Bis 2035 werden demzufolge deutschlandweit fast 30.000 Hausärzte aus dem Beruf ausscheiden. Es folgen aber nicht in gleicher Zahl Nachwuchsmediziner, weil sich weniger Ärzte als Hausarzt niederlassen wollen. Jüngere Ärztinnen und Ärzte bevorzugten zunehmend Angestelltenverhältnisse und Teilzeitmodelle.

Wegen der Alterung der Bevölkerung verändert sich den Experten zufolge auch der Bedarf an medizinischer Betreuung. Künftig gebe es mehr ältere Menschen mit chronischen und Mehrfacherkrankungen, die in vielen Fällen eine individuelle Unterstützung in allen Lebensbereichen brauchen. Es reiche daher nicht, nur die Zahl der Hausärzte zu erhöhen.

Lesen Sie auch:

Gesundheitszentrem als Lösung des Ärztemangel-Problems?

Vielmehr müsse das Versorgungssystem rasch umgebaut werden. Sinnvoll sei der Aufbau von lokalen Gesundheitszentren, in denen Ärzte und Vertreter anderer Gesundheitsberufe ihre Patienten als Team behandeln. Die Robert-Bosch-Stiftung fördert sei 2017 patientenorientierte Zentren zur Primär- und Langzeitversorgung (PORT). Deutschlandweit könnte den Experten zufolge mit 1000 solcher Zentren eine flächendeckende Erstversorgung möglich werden.

Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund sieht durch die Studie die Ergebnisse der niedersächsischen Enquete-Kommission zur medizinischen Versorgung bestätigt. „Der Aufbau von örtlichen Gesundheitszentren ist ein richtiger Ansatz, der allerdings ausfinanziert werden muss und nicht ohne Mitgabe von Finanzen den Kommunen umgehängt werden darf“, sagte Städte- und Gemeindebundpräsident Marco Trips. Wichtiger sei allerdings, dass die jetzige Landesregierung wie vorgesehen im neuen Doppelhaushalt 2022/23 die Studienplätze für Medizin um insgesamt 200 erhöhe. Notfalls müsse dafür auch die Schuldenbremse fallen. Anderenfalls nehme die Koalition aus SPD und CDU wider besseres Wissens ein Ausbluten der unterversorgten Regionen in Kauf.