Hannover. Händeringend sucht die Pflegebranche Nachwuchs und Fachkräfte. Eine Allianz aus 20 Verbänden wirbt in Niedersachsen um Auszubildende.

Ein Jahr nach dem Start der Ausbildungsreform für Pflegeberufe haben Verbände, Kommunen und Landesregierung in Niedersachsen ein positives Fazit gezogen. 5775 junge Menschen hätten sich im vergangenen Jahr für den Pflegeberuf entschieden. „Dass trotz erschwerter Rahmenbedingungen die Ausbildungszahlen so hoch sind, ist ein großer Erfolg und ein positives Signal für den Pflegeberuf - gerade in der aktuellen Zeit“, sagte der Vorsitzende der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft, Hans-Heinrich Aldag, am Freitag vor Journalisten.

Die Zahl ist zwar im Vergleich zu 2019 leicht rückläufig (6075), aber höher als in den Jahren 2016 bis 2018. Die neue Pflegeausbildung im April 2020 sei aufgrund der Corona-Pandemie und der dadurch bedingten Schulschließungen unter schwierigen Voraussetzungen gestartet, hieß es. Auch der Wegfall eines Abiturientenjahrgangs (G9) im vergangenen Jahr sei eine Herausforderung gewesen. Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) sprach von einer reibungslosen und guten Umsetzung der neuen Ausbildung in Niedersachsen.

„Das hat unsere Arbeit nicht leichter gemacht“

Für die Attraktivität des Berufes sei Wertschätzung wichtig, vor allem in Form einer angemessenen Vergütung. Es gebe bei der Ausbildung Konkurrenz mit vielen anderen Berufen, stellte Behrens fest. Deshalb sei es sehr bedauerlich, dass ein allgemeiner Tarifvertrag auf Bundesebene nicht zustande gekommen sei. „Das hat unsere Arbeit nicht leichter gemacht.“ Dennoch sah auch die Ministerin in den stabilen Ausbildungszahlen ein gutes Zeichen. Ziel müsse es aber sein, deutlich mehr als 6000 Auszubildende jährlich für den Beruf zu gewinnen.

Durch die Umstellung auf einen generalistischen Ansatz bei der Ausbildung wurden 2020 die getrennten Bereiche von Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie Altenpflege zusammengeführt. An den Schulen könnten durchaus mehr „Pflegefachfrauen“ und „Pflegefachmänner“ ausgebildet werden, wie die Berufsbezeichnung lautet.

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Geringe Zahl an Lehrkräften bildet „Flaschenhals“

Allerdings bilde die relativ geringe Zahl an Lehrkräften mit dem jetzt notwendigen Masterabschluss einen „Flaschenhals“, sagte Martina Kristof, Geschäftsführerin des Verbandes Deutscher Privatschulen Niedersachsen-Bremen. Bei einem Schlüssel von einer Lehrkraft auf je 20 Auszubildende seien dies bei 6000 Auszubildenden 300 Lehrkräfte mit Masterabschluss, die es aber mit dieser Qualifikation im Moment noch nicht gebe.

Der Vorstandschef der niedersächsischen Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, Hans-Joachim Lenke, sprach von einem geglückten Start der Ausbildungsreform und warb für ein positives Verständnis des Pflegeberufs: „Es handelt sich um einen sinnstiftenden Beruf. Wir alle als Gesellschaft brauchen qualifizierte Pflegekräfte. Das wird spätestens dann deutlich, wenn man in die Situation kommt, Pflege in Anspruch nehmen zu müssen.“