Hannover. Niedersachsen finanziert Zäune mit Beträgen in Millionenhöhe. Laut SPD und CDU sollten auffällige Raubtiere künftig leichter geschossen werden dürfen.

Die Kosten für den Schutz von Weidetieren vor Wölfen in Niedersachsen sind 2020 weiter gestiegen. So gab das Land in den ersten elf Monaten des Jahres etwa 1,7 Millionen Euro für die Prävention aus - dazu gehört etwa das Aufstellen von wolfsabweisenden Zäunen. Das teilte das Umweltministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Hannover mit.

Im gleichen Zeitraum wurden freiwillige Billigkeitsleistungen in Höhe von circa 170.000 Euro an Halter gerissener Nutztiere gezahlt. Außerdem wurden im ersten Halbjahr 2020 laut niedersächsischer Landwirtschaftskammer etwa 3,4 Millionen Euro für die Prävention ausgezahlt, die noch auf Anträgen von Nutztierhaltern aus dem Jahr 2019 basierten.

35 Wolfs-Rudel und zwei Paare

Im Jahr 2019 flossen dagegen nur gut 732.000 Euro für Präventionsmaßnahmen etwa an Halter von Schafen oder Ziegen. Hintergrund für die immens gestiegenen Ausgaben ist nach früheren Ministeriumsangaben, dass das Land die Kosten für Schutzzäune seit dem vergangenen Jahr zu hundert Prozent übernimmt.

Die Zahl der Wölfe stieg innerhalb eines Jahres von etwa 230 auf aktuell rund 350. Inzwischen gibt es landesweit 35 Rudel und zwei Paare, wie aus dem Wolfsmonitoring der Landesjägerschaft hervorgeht.

Der Wolf ist streng geschützt

Trotz ausgebauter Schutzzäune wurden 2020 mehr Nutztiere gerissen als im Vorjahr. Bisher wurde laut Ministerium in 204 Fällen der Wolf als Verursacher festgestellt, 69 Fälle seien noch in Bearbeitung, da werde zum Beispiel auf das DNA-Ergebnis gewartet (Stand: 22. Dezember). 2019 waren 192 Nutztiere von Wölfen getötet worden.

Der Wolf sei in Niedersachsen nicht mehr akut in seinem Bestand gefährdet, sagte Umweltminister Olaf Lies der dpa. Der SPD-Politiker appellierte erneut an den Bund, eine Zahl für einen günstigen Erhaltungszustand des Wolfes in Deutschland festzulegen. Dies soll den Abschuss problematischer Tiere erleichtern. Der Wolf ist streng geschützt. "Anstatt zu warten, werden wir in Niedersachsen jedoch Anfang des Jahres selbst ein Gutachten beauftragen, welches eine solche Zahl auch für unser Bundesland definieren soll", sagte Lies.

Hohe Ausgaben für die Jagd

Der Grünen-Politiker Christian Meyer hält von einem neuen Landesgutachten nichts, da nur die Bundesregierung gemäß EU-Recht den günstigen Erhaltungszustand feststellen könne. "Viele Landwirte warten weiter auf Hilfe für Schutzzäune oder Herdenschutzhunde", sagte der ehemalige niedersächsische Agrarminister. "Besser wäre, wenn Umweltminister Olaf Lies seine Energie in die schnelle und unbürokratische Abarbeitung der Anträge stecken würde."

Unabhängig vom Wolf fordern die Grünen zudem eine Weidetierprämie in Höhe von 30 Millionen Euro jährlich für Rinder, Schafe und Ziegen. Eine solche Prämie sei in Thüringen, Hessen, Brandenburg, Sachsen und Bremen mit Erfolg eingeführt worden, sagte Meyer. Die Grünen kritisieren zudem die hohen Ausgaben für die Jagd auf den Leitwolf des so genannten Rodewalder Rudels. Weil er hohe Zäune überwand und Rinder und Ponys angriff, wurde er per Ausnahmegenehmigung zum Abschuss freigegeben.

Unterstützung niedersächsischer Jäger

Mehr als ein Jahr lang wurde der Rodewalder Wolf nordwestlich von Hannover erfolglos gejagt, 2019 wurden allein an einen auf das Einfangen von großen Raubtieren spezialisierten Dienstleister mehr als 85 000 Euro gezahlt. 2020 wurde die Suche zeitweise wegen Klagen von Naturschützern ausgesetzt. Aktuell darf der Rodewalder Wolf wieder geschossen werden, wie das Oberverwaltungsgericht Lüneburg im November feststellte.

Minister Lies setzt jetzt auf die Unterstützung niedersächsischer Jäger. Wie viele Wölfe wegen ihres problematischen Jagdverhaltens derzeit zum Abschuss freigegeben sind, verrät das Ministerium nicht. Hintergrund sei, dass in der Vergangenheit in sozialen Medien zu Störaktionen aufgerufen wurde. Auch seien mit der Wolfsentnahme Befasste Repressalien im persönlichen Bereich ausgesetzt gewesen.

Größte Wolfsdichte in Lüneburger Heide

Der Präsident der Landesjägerschaft Niedersachsen, Helmut Dammann-Tamke, hofft darauf, dass der Wolf möglichst bald ins Jagdrecht überführt wird. Erst dann seien die Jäger offiziell zuständig, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete. "Es wäre eine Blamage, wenn der Bund das nicht noch in dieser Wahlperiode regelt." In Niedersachsen haben die Regierungsfraktionen SPD und CDU in einem Antrag beschlossen, den Wolf ins Jagdgesetz aufzunehmen. Eine neue niedersächsische Wolfsverordnung soll in Kürze in Kraft treten.

"Wir müssen die Wolfspopulation managen, was die Zahl der Individuen angeht", sagte Dammann-Tamke. "In der Lüneburger Heide haben wir mittlerweile die größte Wolfsdichte weltweit."