Hannover. In Niedersachsen ist laut Schuldneratlas 2020 jeder zehnte Erwachsene überschuldet. Die Pandemie kann zu einem erhöhten Beratungsbedarf führen.

Schuldnerberatungen in Niedersachsen rechnen angesichts der nochmaligen Lähmung des Wirtschaftslebens im diesem Monat langfristig mit deutlich mehr Arbeit. „Wir sind noch vor der zweiten Welle“, sagte Rainer Borgstedt von der Schuldnerhilfe in Niedersachsen. Noch sei es nicht so, dass die Telefone durchgehend klingelten, es gebe aber erste Anzeichen für einen erhöhten Beratungsbedarf.

Nach den ersten coronabedingten Einschränkungen des Frühjahrs gelten seit Anfang November in ganz Deutschland Kontaktbeschränkungen und die Schließung der meisten Freizeiteinrichtungen, um die sprunghaft gestiegenen Corona-Infektionszahlen in den Griff zu bekommen. Auch Matthias Wenzel von der Caritas Schuldnerberatung für die Stadt und Region Hannover glaubt, dass die Auswirkungen „erst im nächsten Jahr durchschlagen“. Viele versuchten, mit der momentanen Situation noch irgendwie zurechtzukommen.

Betroffene reagierten oft zu spät auf ihre Situation

Für kleinere Betriebe vor allem aus der Gastronomie befürchtet Schuldnerberater Wenzel aber Schwierigkeiten im nächsten Jahr. Auch Berater Borgstedt von Schuldnerhilfe in Sulingen sieht eine schwierige Situation bevor, weil Schulden auch in Corona-Zeiten ein Tabuthema seien. Das Virus ändere nicht viel daran, dass Betroffene zu spät auf ihre Situation reagierten.

Laut Sozialministerium in Hannover dient die soziale Schuldnerberatung dazu, die wirtschaftliche Existenz der Betroffenen sowie ihrer Angehörigen zu sichern und außergerichtlich eine Privatinsolvenz zu vermeiden. Im besten Fall wirke die Schuldnerberatung direkt armutsvermeidend. Für diese präventive Aufgabe stellen das Land Niedersachsen und der Sparkassenverband Niedersachsen gemeinsam jährlich rund 1,1 Millionen Euro zur Verfügung. Menschen, die sich von Überschuldung bedroht fühlen, rät das Ministerium, sich in ihrer Kommune an eine der anerkannten Schuldnerberatungsstellen zu wenden.

Bremerhaven ist deutschlandweit die Stadt mit der höchsten Überschuldungsquote

Nach dem jüngst vorgestellten Schuldneratlas Deutschland 2020 der Wirtschaftsauskunftei Creditreform ist Bremerhaven bundesweit weiter die Stadt mit der höchsten Überschuldungsquote. In der zum Bundesland Bremen gehörenden Kommune sind rund 21,8 Prozent der Erwachsenen überschuldet. Im Länderranking bleibt Bremen wie in den Vorjahren Schlusslicht mit einer Quote von fast 14 Prozent. Niedersachsen landet mit rund 10,2 Prozent auf Rang acht.

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