Bremen. Mehrere rechte Parteien hatten zum Aufmarsch mit Reichsflaggen aufgerufen, sagten diesen jedoch am Freitagabend überraschend ab.

Die für Samstag in Bremen geplante Demonstration mehrerer rechter Parteien ist von den Veranstaltern am Freitagabend kurzfristig abgesagt worden. Nachdem das Oberverwaltungsgericht (OVG) die Kundgebung am Abend zugelassen hatte, wenn auch unter Auflagen, meldete sich der Veranstalter bei der Versammlungsbehörde und sagte die Demo ab. Dies teilte ein Sprecher der Polizei mit. Gründe seien nicht genannt worden. Die Polizei werde dennoch Präsenz im Stadtgebiet zeigen, da alternative Ansammlungen nicht ausgeschlossen werden könnten.

Rechte Parteien wollten gegen das Verbot der Reichsflagge demonstrieren

Vertreter der Partei Die Rechte und der rechtsextremistischen NPD wollten sich zu der Demonstration unter dem Motto „Kein Verbot für schwarz-weiß-rot“ mit Reichsflaggen zeigen. Die Innenbehörde wollte die Demo verhindern. Ein Verbot wurde aber in letzter Instanz vom OVG gekippt. Statt eines stundenlangen Marsches durch die Stadt sollten die Demonstranten sich aber nur von 15 bis 18 Uhr auf dem Domshof versammeln dürfen und die Zahl der Teilnehmer wurde auf 100 beschränkt – so die Auflagen des Gerichts.

Die Absage kam überraschend. Unmittelbar davor hatte das OVG den Weg für die Demo freigemacht. Es wies ein Beschwerde der Stadt gegen eine zuvor ergangene Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zurück. Das hatte die Demo rechtsgerichteter Kräfte mit Reichskriegsflaggen unter den Auflagen zugelassen. Das von der Innenbehörde verhängte vollständige Verbot sei unverhältnismäßig, entschied das Gericht laut Mitteilung (Az. 5 V 2328/20).

Oberverwaltungsgericht widerspricht Innenbehörde

Die Veranstalter wollten auch frühere Flaggen und Kriegsflaggen des Deutschen Reiches in Schwarz-Weiß-Rot zeigen. Damit wollen sie dagegen protestieren, dass deren öffentliche Verwendung in Bremen als Ordnungswidrigkeit verfolgt wird. Bei dieser Kundgebung sei das Zeigen der Flaggen durch die Meinungsfreiheit gedeckt, befand das Verwaltungsgericht. In der Gesamtschau ergebe sich „kein einschüchterndes Erscheinungsbild“. Die Innenbehörde war anderer Meinung.

Das OVG folgte den Einwendungen der Stadt gegen den Kundgebungsort, Bedenken wegen der Infektionsgefahren sowie den Ausführungen hinsichtlich der rechtlichen Bewertung des Zeigens der Reichsflagge oder der Reichskriegsflagge nicht. Den Infektionsrisiken sei bereits dadurch begegnet, dass die Versammlung nur von 15 bis 18 Uhr mit maximal 100 Teilnehmern als stationäre Kundgebung stattfinden dürfe, hieß es. Auch das beabsichtigte Zeigen der Reichsflagge und der Reichskriegsflagge seien weder ein unmittelbarer Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit noch gegen die öffentliche Ordnung und könne deshalb ein Versammlungsverbot nicht rechtfertigen (Az. 1 B 331/20).

Innensenator Mäurer: Situation in Bremen ist riskanter als eine Woche zuvor in Bremerhaven

Das Verwaltungsgericht und das OVG hatten auch bei einer NPD-Demo am vergangenen Samstag in Bremerhaven das Zeigen der umstrittenen Flaggen erlaubt. Innensenator Mäurer (SPD) argumentierte, dass die Sache in Bremen anders liege: Es seien mehr Kundgebungsteilnehmer, es gebe mehr Gegendemonstranten, ein Zusammentreffen dieser Gruppen und der Polizei im Corona-Hotspot Bremen müsse vermieden werden. Der Senator geht davon aus, dass Rechtsextremisten die Reichsflaggen als Ersatz für die verbotene nationalsozialistische Hakenkreuzflagge durchsetzen wollen.

Bis Freitagnachmittag waren in Bremen drei Gegenkundgebungen angemeldet, wie ein Polizeisprecher sagte. Es gibt in Bremen eine starke linke, teils linksextreme Szene. Ob diese trotz Absage stattfinden, war zunächst unklar.

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