Lüneburg. Die Raupen des Eichenprozessionsspinners können mit ihren giftigen Härchen auch dem Menschen gefährlich werden. Die Nachtfalter sind auf dem Vormarsch.

Die Raupen der kleinen Nachtfalter können für Bäume und Menschen gefährlich werden, die Eichenprozessionsspinner breiten sich regional weiter aus. Wenn die Zeit der gefräßigen Raupen naht, machen sich nicht nur Waldbesitzer Sorgen.

Gibt es besonders schwer betroffene Regionen in Niedersachsen?

Eine vollständige Erfassung der betroffenen Regionen in Niedersachsen gibt es nicht. In den vergangenen Jahren war immer wieder der Osten schwer betroffen. So kommt es in den Landkreisen Lüneburg und Lüchow-Dannenberg nach Auskunft der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA) immer wieder zu massenhaftem Befall. Doch auch im Westen sorgen die Raupen für Ärger. In Nordhorn soll im vergangenen Jahr praktisch jede Eiche von der Raupe befallen gewesen sein, erstmals festgestellt wurde der Eichenprozessionsspinner nach Angaben der Stadt dort 2011. Wolfsburg sagte im Juni letzten Jahres einen Marathon wegen der Tiere ab.

Nimmt die Verbreitung zu?

In den vergangenen Jahren hat sich der unscheinbare kleine Nachtfalter auch in Deutschland immer weiter ausbreiten können. „Die anfänglich vor allem in Süddeutschland vorkommenden Insekten haben sich in den vergangenen Jahren stärker im Norden etabliert und sind inzwischen auch in Niedersachsen verbreitet“, erklärt Stefanie Hahn, Sprecherin des Julius Kühn-Institutes (JKI) in Braunschweig.

Hat das etwas mit dem Klimawandel zu tun?

„Die Insektenart profitiert sehr wahrscheinlich vom Klimawandel, neben dem Wärmeangebot ist die Witterung während der Raupenentwicklung im Frühjahr und des Falterfluges im Sommer entscheidend“, sagt Nadine Bräsicke, promovierte Expertin für Forstschädlinge am JKI. „Wichtig ist auch die Synchronisation von Larvenschlupf und Laubaustrieb der Eichen - lange Phasen ohne Nahrung erhöht die Mortalität der Larven.“

Was macht die Raupen für Menschen gefährlich?

Die feinen Härchen der Raupen können Atembeschwerden, Juckreiz und Entzündungen auslösen. Auch Schwindel und Fieber kann das in den Brennhaaren enthaltene Nesselgift Thaumetopoein verursachen, in Ausnahmefällen droht sogar ein lebensgefährlicher allergischer Schock.

Eine Raupe des Eichenprozessionsspinners kriecht auf einem Eichenstamm entlang.
Eine Raupe des Eichenprozessionsspinners kriecht auf einem Eichenstamm entlang. © dpa | Patrick Pleul

Die Larven schlüpfen in der Regel ab Ende April. Nach der zweiten Häutung entwickeln sich die Brennhaare und können vom Wind weit verteilt werden. Auch nach Jahren behalten sie ihre Wirkung. Deshalb raten die Behörden, befallene Gebiete zu meiden.

Was kann man im Notfall tun?

Wer mit den Raupenhaaren in Kontakt geraten ist, sollte nach einer Empfehlung des Bundeslandwirtschaftsministeriums möglichst rasch duschen und die Haare waschen. Außerdem soll die Kleidung gewechselt und gereinigt werden. Bei Hautausschlag, Atemnot oder anderen allergischen Reaktionen ist ein Arztbesuch angeraten.

Was können betroffene Kommunen und Waldbesitzer tun?

„Wir raten, auf den Entwicklungszyklus abgestimmte Maßnahmen zu ergreifen“, betont JKI-Forstschutzexpertin Bräsicke. Betroffene Landkreise und Waldbesitzer können notfalls auch mit Insektiziden rechtzeitig gegen die Schädlinge vorgehen. „Da sind wir uns mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung einig“, sagt JKI-Sprecherin Hahn. Im öffentlichen Grün sollte das im besten Fall vor dem dritten Larvenstadium geschehen, danach ginge es wegen der giftigen Härchen nur noch mit Spezialkräften, ergänzt Bräsicke. Beim Einsatz von Pestiziden könnten auch andere Insektenarten negativ beeinflusst werden. Es müsse zwischen Pflanzenschutz, Gesundheitsschutz und Naturschutz abgewogen werden.

Woher hat der Eichenprozessionsspinner seinen Namen?

Die älteren Raupen ziehen vor allem nachts in langen und wohlgeordnet wirkenden Prozessionen hinter- und nebeneinander aus ihren Nestern auf Nahrungssuche in die Baumkronen. Das in Eichen an Stämmen und Ästen angelegte Gespinst kann bis zu einem Meter lang sein. dpa