Hannover. Mehr Lehrer wollen Niedersachsen verlassen als im vergangenen Jahr. Gewerkschaft und Kultusministerium sehen aber unterschiedliche Gründe.

Das Kultusministerium hat Vorwürfe einer „Lehrerflucht“ aus Niedersachsen zurückgewiesen. Wie das Ministerium in Hannover auf eine Anfrage mitgeteilt hatte, gab es im Vorjahr rund 1120 Anträge auf Versetzung in ein anderes Bundesland. Ein Jahr zuvor waren es der Gewerkschaft GEW zufolge noch rund 100 Anträge weniger gewesen, im Jahr 2014 sogar nur etwas mehr als die Hälfte.

„Das Lehrkräfteaustauschverfahren zwischen den Ländern der Bundesrepublik ist dazu gedacht, Lehrerinnen und Lehrern den Bundeslandwechsel aus sozialen Gründen zu ermöglichen“, erklärte ein Sprecher des Ministeriums unserer Zeitung. Oft würden familiäre Gründe genannt. Im Kalenderjahr 2019 verließen laut Ministerium über die beiden Austauschverfahren - Versetzungstermine 01.02. und 01.08. - rund 210 Lehrkräfte Niedersachsen, während andererseits rund 200 Lehrkräfte über die beiden Verfahren aus anderen Bundesländern nach Niedersachsen gekommen seien, erklärte der Sprecher. Dass die absolute Zahl steigt, führt man im Ministerium wesentlich auf die steigende Gesamtzahl der Lehrer an öffentlichen Schulen in Niedersachsen zurück. Damit wachse auch die Zahl der Berechtigten. Dagegen hatte die GEW auf die bessere Bezahlung von Grund-, Haupt- und Realschullehrern in anderen Bundesländern verwiesen. Nicht allen Anträgen wird stattgegeben: Von 330 Anträgen zum Versetzungstermin 1. Februar 2019 wurden laut Ministerium rund 130 bewilligt.

Der Schulleitungsverband Niedersachsen will Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) im Verlauf der Landtagssitzung, die an diesem Dienstag beginnt, eine Erklärung zu „Bildungsgerechtigkeit in Niedersachsen“ übergeben. Darin wird eine „einheitliche Besoldungsstufe für alle Lehrkräfte aller Schulformen“ gefordert. Weiter solle die Unterrichtsverpflichtung für alle Schulformen gleich sein. Derzeit ist die Regelstundenzahl für Grundschullehrer beispielsweise deutlich höher als die für Gymnasiallehrer. Land und Kommunen müssten gemeinsam die Verantwortung für unter anderem die Ausstattung der Schulen übernehmen, so der Verband. Die Landesregierung hat am Montag außerdem den gemeinsamen vorläufigen Abschlussbericht des Kultusministeriums und des Wissenschaftsministeriums zur Planung einer bedarfsgerechten Lehrerausbildung von Zeitraum 2021 bis 2030 „zur Kenntnis genommen“. Die Ausbildungskapazitäten seien teilweise nicht voll ausgelastet, heißt es in einer Erklärung der Staatskanzlei. Zentral sei, für das berufliche Lehramt und das Lehramt an Haupt- und Realschulen und für das Lehramt für Sonderpädagogik mehr Interessentinnen und Interessenten gewinnen zu können. Dem stehe ein Überangebot an Lehrerinnen und Lehrern mit dem Lehramt an Gymnasien gegenüber.