Hannover. In den Bahnverkehr in Niedersachsen fließen jedes Jahr auch Millionen Zuschüsse vom Bund. Oft werden die Gelder aber nicht sofort komplett verbraucht.

Mehr Bahnen, bessere Anschlüsse – für den regionalen Nahverkehr stehen in Niedersachsen in diesem Jahr mehr als 800 Millionen Euro zur Verfügung. Mit rund 488 Millionen Euro sei ein Großteil davon an die Bahnunternehmen gegangen, teilte das Verkehrsministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Das Geld floss praktisch als Zuschuss für Betrieb und Ausbau, weil die Einnahmen aus Fahrkartenverkäufen nicht reichen, wie ein Ministeriumssprecher sagte.

Für Einzelförderungen wie Beschaffung von Straßenbahnen oder den Ausbau von Bushaltestellen und zentralen Omnibusbahnhöfen gab es nach Ministeriumsangaben rund 100 Millionen Euro. Für Ausgleichszahlungen etwa für vergünstigte Fahrkarten für Schüler und Auszubildende nannte der Sprecher rund 90 Millionen Euro. Der Kauf von Nahverkehrszügen kostete ihm zufolge etwa 54 Millionen Euro.

Bundesrechnungshof kritisiert, ÖPNV werden zunehmend als Bundesaufgabe wahrgenommen

Der größte Posten stammte aus sogenannten Regionalisierungsmitteln vom Bund, mit denen die Länder seit der Bahnreform 1996 den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) finanzieren. 2019 waren dies laut Ministerium rund 733 Millionen Euro, von denen bis Ende November etwa 645 Millionen verbraucht waren.

Wegen solcher Restsummen übte der Bundesrechnungshof im Oktober Kritik an den Ländern. Es bestehe die Gefahr, dass der ÖPNV aufgrund der ungleichen Finanzierungsverhältnisse zunehmend als Bundesaufgabe wahrgenommen werde und der Bund diese Länderaufgabe bald alleine finanziere. Die Kassenprüfer halten es nicht für ausgeschlossen, dass Länder mehr bekommen, als sie eigentlich benötigen.

Niedersachsen gibt 261 Millionen für ÖPNV gar nicht aus

Von 2014 bis 2018 wurden dem niedersächsischen Verkehrsministerium zufolge tatsächlich 261 Millionen Euro nicht ausgegeben. „Dass das Land Niedersachsen eine derartig hohe Summe an vom Bund zugewiesenen Regionalisierungsmitteln nicht ausgibt, ist erschreckend“, kritisierte daher der Linken-Politiker Victor Perli. So werde die Chance verpasst, den öffentlichen Nahverkehr zügig auszubauen und die Preise zu senken, meint der Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Salzgitter-Wolfenbüttel.

Gegen diese Sichtweise wehrt sich das Ministerium in Hannover. Wenn nicht das gesamte Geld ausgegeben werde, liege das auch daran, dass dem Ausbau des Schienennahverkehrs Grenzen gesetzt seien. Zudem habe ein seit Jahren anhaltender Bauboom dazu geführt, dass für viele Projekte schlicht die Fachleute fehlten. Außerdem seien Rücklagen nötig, um Neuanschaffungen realisieren zu können.

Im Bundesrat vertraten die Länder im November dann auch eine ganz andere Auffassung als der Bundesrechnungshof und verlangten mehr Geld vom Bund für regionalen Nahverkehr. In einem angenommen Antrag von Mecklenburg-Vorpommern hieß es, das Angebot im öffentlichen Personennahverkehr müsse erheblich erweitert werden – damit Bürger auf umweltfreundliche Verkehrsmittel umsteigen. Die geplante Erhöhung der Regionalisierungsmittel bis zum Jahr 2031 reiche dafür nicht aus. dpa