Celle. Nach Ansicht der Gewerkschaft GEW ist für gute Bildung deutlich mehr Geld nötig, denn die Politik habe ihre eigenen Ziele verfehlt.

Für gute Bildung muss das Land Niedersachsen nach Ansicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) dringend mehr Geld in die Hand nehmen. „Es wird einfach hingenommen, dass die Bildung sträflich unterfinanziert ist“, kritisierte die GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth am Montag in Celle in einer Podiumsdiskussion mit Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD). „Was die Arbeitsbedingungen betrifft: Es reicht. Und was bisher passiert ist, reicht noch nicht“, sagte sie.

GEW: Lehrer ab 55 Jahren sollen wöchentlich eine Stunde weniger unterrichten müssen

Die Gewerkschaft fordert unter anderem eine höhere Tarifeinstufung von Grund-, Haupt- und Realschullehrern sowie mehr Arbeitsentlastung. So sollen Lehrer ab 55 Jahren wöchentlich eine Stunde weniger unterrichten müssen. Bisher greift diese Regelung erst ab 60 Jahren. Zudem sollen therapeutische und pädagogische Teilzeitbeschäftigte an Schulen die Möglichkeit bekommen, in Vollzeit zu wechseln.

Tonne räumte auf der Landesdelegiertenkonferenz der GEW mit rund 250 Gewerkschaftern ein, dass es Handlungsbedarf gebe. „Es ist eine ganze Menge passiert, aber bei weitem nicht ausreichend“, sagte der Minister. Er sagte zu, um weitere Verbesserungen zu ringen, wolle aber keine Versprechen machen, die er nicht halten könne.

Im Landeshaushalt 2019 sind 8,75 Milliarden Euro für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur vorgesehen. Das entspricht, wie in den Vorjahren, etwas mehr als einem Viertel des gesamten Haushalts.

Höhere Bildungsausgaben verbindlich per Gesetz?

Den Gewerkschaftsvertretern reichten Tonnes Ankündigungen nicht aus. Das Ministerium erkenne die Forderungen der GEW zwar an, doch immer wieder heiße es, für mehr Verbesserungen fehle das Geld, kritisierte Pooth. Und ein Delegierter sagte mit Blick auf Tonnes Redebeiträge enttäuscht: „Wir hätten eigentlich rausgehen sollen.“

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Mechthild Schrooten von der Hochschule Bremen hatte zuvor auf die 2008 bei einem bundesweiten Bildungsgipfel angestrebten Ziele verwiesen. Demnach sollten ab 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Bildung investiert werden. Dieses Ziel habe die Politik jedoch verfehlt, auch in Niedersachsen.

Bundesweit belegt Niedersachsen der Wissenschaftlerin zufolge bei den Bildungsausgaben einen Mittelfeldplatz. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt lägen die Ausgaben des Landes seit dem Jahr 2000 stabil zwischen 2,5 und 3 Prozent. „Man hat sich daran gewöhnt“, monierte Schrooten. Sie forderte daher, das Ziel der höheren Bildungsausgaben rechtlich verbindlich per Gesetz festzuschreiben.

Tonne bekommt auch Lob von der Gewerkschaft

Für die Politik der „schwarzen Null“ – ohne neue Schulden – zeigten angesichts dauerhaft niedriger Zinsen weder Schrooten noch Pooth Verständnis. Das Argument, man wolle den kommenden Generationen keine Schuldenberge hinterlassen, ließ Schrooten nicht gelten: „Viel schlimmer ist doch, schlechte Schulen zu vererben“, sagte sie.

Lob bekam Tonne von den Gewerkschaftern hingegen dafür, dass er den Lehrern Anfang des Jahres in der Auseinandersetzung um die AfD-Meldeplattform den Rücken gestärkt habe. Die AfD-Fraktion hatte im Dezember 2018 ein Internetportal veröffentlicht, auf dem Schüler politische Äußerungen ihrer Lehrer melden sollen. Pooth sagte, ohne die AfD zu nennen: „Uns alle besorgt das Erstarken der Parteien am rechten Rand.“ dpa