Hannover. Trübe Konjunktur, durchwachsener Arbeitsmarkt: Viele niedersächsische Unternehmen bereiten sich auf schwierigere Zeiten vor.

Sich vom Bundes- oder gar internationalen Trend abzukoppeln, ist für die exportorientierte Wirtschaft in Niedersachsen kaum möglich. Umso mehr müssen sich die Firmen auf die ungemütlicher werdenden Rahmenbedingungen der kommenden Monate einstellen. Die Industrie- und Handelskammer Niedersachsen (IHKN) hat dazu knapp 2000 Mitgliedsbetriebe befragt. Die wichtigsten Themen vorab:

Wie ist die allgemeine Lage in der niedersächsischen Wirtschaft?

Die Wachstumszahlen im ersten Halbjahr fielen schon deutlich schwächer aus. Von Januar bis Juni stieg die Leistung der Wirtschaft in Niedersachsen verglichen mit dem Vorjahreszeitraum real - also unter Berücksichtigung der Preisentwicklung – nur leicht um 0,4 Prozent. In der ersten Jahreshälfte 2018 hatte das niedersächsische Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch um 1,3 Prozent zugenommen.

Damit liegt der Nordwesten im Bundestrend: Im ersten Halbjahr legte das deutsche BIP preisbereinigt ebenfalls um 0,4 Prozent zu. Die Wirtschaft droht sich abzukühlen, möglicherweise steht eine Rezession bevor - also mindestens zwei aufeinander folgende Jahresviertel mit schrumpfender Leistung. Auch bei den Auftragseingängen gab es im August einen deutlichen Rückgang in der niedersächsischen Industrie.

Welche Branchen haben Probleme, wo sieht es gut aus?

Ein Hauptgrund für die trüberen Aussichten sind die internationalen Handelskonflikte, vor allem der Zollstreit zwischen den USA und China. Dies kann ebenso wie die Unsicherheit rund um den Brexit auch die Geschäfte deutscher Exporteure ausbremsen - und viele Betriebe in Niedersachsen sind auf Ausfuhren angewiesen. Demzufolge waren die Umsätze zuletzt vor allem im Großhandel rückläufig. Auch in der Kernbranche Maschinenbau wird das Geschäft zusehends schwieriger.

Besser sah es dort aus, wo die Wertschöpfung vor allem lokal oder regional entsteht - Beiträge zum Wachstum lieferten unter anderem der Einzelhandel oder das Baugewerbe. Mehr Bestellungen als vor einem Jahr erhielten im August auch die Auto- und Autoteile-Industrie.

Gibt es größere regionale Unterschiede?

Die Region Hannover ist nach Angaben des Statistischen Landesamts in absoluter Betrachtung der wirtschaftlich stärkste Teil Niedersachsens. Nach den letzten verfügbaren Daten wurden hier 2017 knapp 18 Prozent des niedersächsischen BIP erwirtschaftet. Relativ gesehen – also bezogen auf die Zahl der Einwohner – ist jedoch Wolfsburg schon wegen der Bedeutung von Volkswagen und vieler dort ansässiger Autozulieferer deutlich vorn: Dort betrug das Pro-Kopf-BIP 172.437 Euro (Region Hannover: 44 768 Euro). Wirtschaftlich am schwächsten war der Landkreis Lüchow-Dannenberg mit einem Anteil von 0,4 Prozent am Landes-BIP.

An diesen regionalen Besonderheiten dürfte sich im vergangenen Jahr nicht allzu viel geändert haben. Wie die Entwicklung im Detail aussah, dürfte nun auch die Umfrage der IHKN näher beleuchten.

Welche Folgen zeigen sich auf dem Arbeitsmarkt?

Im September sank die Zahl der Arbeitslosen auch in Niedersachsen – das liegt aber vor allem an dem üblichen Saisoneffekt zu dieser Zeit, wenn viele junge Menschen nach der Sommerpause eine Ausbildung beginnen. Insgesamt waren bei der Agentur für Arbeit im vergangenen Monat 11.220 weniger Menschen ohne Job gemeldet als im August. Unabhängig von der Herbstbelebung gibt es aber zum Beispiel weniger Stellenangebote für einfache Tätigkeiten.

In der Industrie setzen außerdem mehr Unternehmen auf Kurzarbeit – laut einer Umfrage des Arbeitgeberverbands Niedersachsen-Metall von Ende September jedes vierte. „Die Ergebnisse zeigen, dass die niedersächsische Industrie einem kritischen Winterhalbjahr entgegensteuert“, heißt es in der Auswertung des Verbandes.

Bekommen die Unternehmen genügend Fachkräfte?

Etliche Branchen suchen händeringend qualifiziertes Personal. In der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie richteten die Arbeitgeber inzwischen einen eigenen Stellenpool im Internet ein - so sollen etwa von einem Jobabbau Betroffene oder von einem bestimmten Unternehmen abgelehnte Bewerber in der Branche gehalten werden. Auch Forderungen nach einer Verlängerung des Kurzarbeitergelds gehen in die Richtung.

Aber nicht nur in der Industrie bleiben Fachkräfteengpässe ein Thema. Auch die Kommunen in Niedersachsen klagten darüber, stellt der Städte- und Gemeindebund fest. Während sich Nachwuchsschwierigkeiten zunächst auf technische Berufe konzentriert hätten, werde es mittlerweile auch schwierig, neue Erzieher oder Verwaltungsangestellte zu finden. dpa