Hildesheim. Ein ehemaliger Geschäftsführer soll rund 8 Millionen Euro veruntreut haben. Laut Anwalt kann er zurzeit keine Angaben zur Sache machen.

Der ehemalige Geschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) Hannover, der insgesamt mindestens acht Millionen Euro veruntreut haben soll, will sich als nicht verhandlungsfähig einstufen lassen. Grund dafür seien psychische Probleme, erklärte der Anwalt des 46-Jährigen am Freitag am Rande des zweiten Prozesstages am Landgericht Hildesheim.

Der angeklagte Ex-Geschäftsführer verfolgte die Verhandlung in gebückter Haltung, wirkte nervös und weitgehend abwesend. In diesem Zustand sei er weder prozessfähig, noch könne er Angaben zur Sache machen, sagte sein Anwalt. Ein Sachverständiger soll nun klären, ob sein Mandant weiter an dem Prozess teilnehmen kann, oder ob dieser womöglich unterbrochen wird. Dem Mann drohen mehrere Jahre Haft: In einem Vorgespräch stellte das Gericht einen Strafrahmen von sechs Jahren in Aussicht, sollte er sich geständig zeigen. Der Deutsch-Libanese sitzt derzeit wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft.

Führungskräfte sollen Geld privat genutzt haben

Die ASB-Gesellschaft Soziale Dienste hatte seit 2015 einige Asylbewerber-Unterkünfte im Auftrag des niedersächsischen Innenministeriums und der Landesaufnahmebehörde betrieben. Von 2017 an soll das Land Niedersachsen insgesamt 8,1 Millionen Euro auf ein Konto überwiesen haben, das nur scheinbar für die gemeinnützige GmbH eingerichtet worden war. Tatsächlich sollen die ASB-Führungskräfte das Geld für private Zwecke genutzt haben.

Ganz anders als sein ehemaliger Vorgesetzter präsentierte sich der frühere Assistent der Geschäftsführung vor Gericht. Der 37-Jährige, dem ebenfalls Betrug und Untreue in einem besonders schweren Fall vorgeworfen wird, erschien adrett gekleidet und verteidigte sich ausführlich. Demnach sei er lediglich Erfüllungsgehilfe für die Machenschaften seines damaligen Chefs gewesen und sei diesem „immer blind gefolgt“, schilderte der Mann im Prozess.

Angeklagter soll Kinderpornografie besessen haben

Zwar stimme es, dass er die Kontodaten auf Rechnungen teilweise geändert habe. Auch habe er Rechnungen gelöscht, nachdem diese an den Kostenträger eingereicht waren. Aber er habe dies stets im Auftrag des früheren Geschäftsführers getan: „Man hat beim ASB Hannover nichts hinterfragt.“ Dem 37-jährigen Deutschen wird zudem der Besitz von Kinderpornografie vorgeworfen. Zu diesen Vorwürfen äußerte sich der Mann noch nicht. Er kündigte in der Sache jedoch eine Erklärung für den kommenden Prozesstag am Dienstag (8. Oktober) an.

Neben dem ehemaligen Assistenten saß auch seine Ehefrau auf der Anklagebank. Ihr wird vorgeworfen, dass in fünf Fällen Geld auf ihr Privatkonto geflossen ist. Eine Mitwisserschaft stritt sie jedoch ab. Der Anwalt der 36-Jährigen erklärte, dass sich ihr Mann um alle finanziellen Belange der Familie gekümmert und ihr selbst nur ein Haushaltsgeld gegeben habe. Sie sei zwar Inhaberin der Konten gewesen, auf die die Gelder geflossen sein sollen, und habe auch Zugriff darauf gehabt – habe aber nicht gewusst, was darauf vorging. dpa