Faßberg. Wie umgehen mit dem Erbe aus der NS-Zeit? Als vor einigen Jahren Glocken mit Hakenkreuzen in den Fokus rückten, begann auch in Faßberg der Streit.

Die Glocke mit dem Hakenkreuz liegt jetzt auf dem Dachboden – am Sonntag bekommt die Michaelkirche in Faßberg eine neue Glocke. Auch mit einem eingravierten Kreuz, aber dem christlichen Symbol. 10 000 Euro hat die neue Glocke gekostet, an der Planung war die ganze Gemeinde beteiligt. Mit der feierlichen Einweihung am Sonntag wird der vorläufige Schlussstrich unter einen Streit gezogen, der die kleine Kirchengemeinde in der Heide mehrere Jahre lang beschäftigt hat.

Was tun mit Hinterlassenschaften aus der Nazizeit – und das in einem Dorf wie diesem?

„Die Glocke ist in Faßberg ja nicht das einzige, was aus der Zeit stammt. In Faßberg ist ja der ganze Ort zu der Zeit entstanden“, berichtet Pastor Rudolf Blümcke. In der Südheide zumindest eskalierte die Auseinandersetzung unter den Bürgern über den richtigen Umgang mit dem Erbe nicht komplett, sagt der Pastor. Anders im knapp 90 Kilometer entfernten Schweringen im Kreis Nienburg: Dort griffen bei einer ähnlichen Glocke unbekannte Kritiker zum Winkelschleifer und entfernten das Hakenkreuz. In Faßberg soll die Nazi-Glocke weiter in der Kirche zu sehen sein - als Mahnmal. „Sie wurde Anfang des Monats fachmännisch abgenommen“, sagt Pastor Blümcke. Nun soll als nächstes ein Konzept erarbeitet werden, um die Glocke in einem historisch angemessenen Rahmen auszustellen. Das Hakenkreuz in der Glocke sei durchaus bekannt gewesen, es habe aber jahrzehntelang keinerlei Wirbel ausgelöst – zumal die Glocke oben im Kirchenturm nicht ständig für jedermann zugänglich war, sagt Blümcke.

Und wie verlief die Debatte in der kleinen Gemeinde, nachdem das Kreuz in den Fokus rückte?

„Es hat linke Kräfte gegeben, die sehr stark behauptet haben, dass sowohl die Kommune als auch die Kirche als auch die Bundeswehr kein Interesse hätten, die Geschichte aufzuarbeiten“, sagt der Pastor. Prompt sei aber auch eine Gegenbewegung entstanden, die klar machte, dass das heutige Faßberg sich nicht so leicht in die braune Ecke drängen lassen wolle.Am Ende habe es eine Bürgerversammlung gegeben - mit dem Bürgermeister, Fachleuten, Historikern und Vertretern der Kirchengemeinde. Die Landeskirche stellte Moderatoren zur Verfügung. „Da hat man sich zugehört und versucht, Verständnis zu finden“, sagt Blümcke. „Das war sehr erfolgreich.“ Leider hätten nicht alle teilgenommen - und einige grummelten immer noch vor sich hin.Das Entstehen der neuen Glocke begleitete die Gemeinde mit einem Busausflug in die Gießerei. Zur feierlichen Einweihung der neuen Glocke kommt am nächsten Sonntag auch Landessuperintendent Dieter Rathing. Schon zu Beginn der Woche wurde die Glocke in der Gemeinde feierlich eingeholt - so heißt das im Kirchendeutsch.