Hannover. Einsperren in eine Hundebox, Elektrohalsband, Peitschenhiebe - so soll eine Mutter ihre Tochter misshandelt haben. Vor Gericht bestreitet sie dies.

Im Prozess wegen Kindesmisshandlung mit einem Elektrohalsband hat der Vater die angeklagte Mutter belastet. Vor dem Landgericht Hannover sagte der frühere Partner der Frau, die 44-Jährige habe ihrer Tochter ein Elektrohalsband angelegt. „Das hatte sie um, wenn es mit dem Hintern versohlen nicht mehr klappte“, so der 41-Jährige am zweiten Prozesstag.

Er legte Fotos vor, die zeigen sollten, wie seine Tochter das Halsband trägt. Gesehen, wie die Frau das Band bediente, habe er nie. Allerdings habe das Mädchen immer panisch reagiert. Der Vater lebte getrennt von der Familie. Der Mann schilderte Gewaltszenen. Demnach hat die Mutter dem damals siebenjährigen Mädchen mehrfach den Hintern versohlt, teils mit einem Gürtel. „Es lag auch in der Küche eine Holzlatte bereit, die wurde auch genommen“, erzählte der 41-jährige Tischlermeister. Er hingegen habe seine Tochter nur einmal und auf Anweisung der Mutter körperlich gezüchtigt. In die Hundebox sei die Tochter einmal für kurze Zeit gesperrt worden. Damit stützte er die Version der Angeklagten.

Beide Eltern sollen Tochter misshandelt haben

Zwischen August 2016 und September 2017 habe die Tochter laut der Staatsanwaltschaft mehrfach ein Elektrohalsband tragen müssen, wobei die Angeklagte mindestens einmal einen Stromschlag ausgelöst habe. Derartige Halsbänder sind in Deutschland nach Tierschutzrecht verboten.

Die 44-Jährige muss sich seit Montag wegen schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, die kleine Tochter in Unterwäsche nachts in eine Metallbox gesperrt und mehrfach gezwungen haben, ein Elektrohalsband für Hunde zu tragen. Der ehemalige Lebensgefährte der Frau wurde im April zu acht Monaten Bewährungsstrafe verurteilt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ging es bei dem Verfahren ebenfalls um die Misshandlung der heute neunjährigen Tochter.

Angeklagte soll Mädchen außerdem mit einer Peitsche geschlagen haben

Kurz nach der Einschulung soll die Mutter das Kind außerdem im Wald ausgesetzt haben, weil es seine Hausaufgaben nicht machen wollte. Der 44-Jährigen wird zudem vorgeworfen, das Mädchen mit einer Peitsche und einem breiten Holzstück geschlagen zu haben. Letzteres habe immer griffbereit auf dem Tisch gelegen.

Angeklagte: Tochter soll sich Geschichten ausgedacht haben

Zum Prozessauftakt verteidigte sich die burschikos wirkende Angeklagte wortreich und räumte nur ein, das Mädchen einmal für kurze Zeit eingesperrt zu haben, als die Sechsjährige bereits vorher in der Hundebox im Kinderzimmer mit Kuscheltieren gespielt habe. „Ich habe sie gesichert, damit sie nicht rausläuft und vor ein Auto läuft“, sagte die kräftige Frau im braunen Sakko. Jahrelang habe sie sich für die Förderung ihrer Tochter eingesetzt - etwa mit Logopädie und Ergotherapie.

Kinder wurden der Mutter entzogen

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe wurden die heute vier und neun Jahre alten Töchter der Alleinerziehenden vom Jugendamt in Obhut genommen. Die ältere Tochter hat der Staatsanwaltschaft zufolge eine schwere Bindungsstörung und war nach der Inobhutnahme für längere Zeit in einer auf Traumatherapie spezialisierten Einrichtung untergebracht.

In ihren rund anderthalbstündigen Ausführungen berichtete die Frau, dass das Kind ihr zunehmend aus den Händen geglitten sei und in der Schule unwahre Geschichten erzählt habe. Misshandlungen habe es nicht gegeben, diese wären doch sonst Ärzten, der Familienhebamme oder der späteren Familienhelferin aufgefallen, beteuerte die Frau, der im Gerichtssaal drei psychologische beziehungsweise psychiatrische Gutachter gegenüber saßen.

Frau hat mehrere Hunde in der Wohnung

Die Besitzerin von zwei Belgischen Schäferhunden hatte weitere Hunde zur Pflege und Ausbildung in ihrer Wohnung. Die gelernte Bäckerin, die bei Pflegeeltern aufwuchs, sitzt nicht in Untersuchungshaft, sondern lebt inzwischen neben ihrer Lebensgefährtin in Nordrhein-Westfalen.

Mädchen traut sich Therapeutin an

Die Ermittlungen waren nach Gerichtsangaben ins Rollen gekommen, nachdem sich das Mädchen einer Therapeutin anvertraut hatte. Die Videovernehmung der heute Neunjährigen wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Gerichtssaal gezeigt.

An einem der kommenden Prozesstage sollen auch die Pflegeeltern der Angeklagten auf Antrag der Verteidigung als Zeugen gehört werden. Nach Darstellung der 44-Jährigen haben sie dem Kind eingeredet, dass die Mutter es nicht so liebhabe wie die jüngere Schwester. dpa