Hannover. Die Meeresspiegel steigen, die Gefahr von Hochwasser und Dürre im Binnenland wächst. Umweltminister Olaf Lies sieht im Klimaschutz aber auch Chancen.

Erst Hochwasser, dann Dürre: Der Klimawandel macht sich in Niedersachsen längst bemerkbar, sagt Umweltminister Olaf Lies (SPD) im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Am Dienstag informiert sich der 52-Jährige auf seiner Sommerreise über den Hochwasserschutz, unter anderem an der Innerstetalsperre.

Sie wollen den Klimaschutz als Staatsziel in der Verfassung verankern. Wie wirkt sich der Klimawandel auf Niedersachsen aus?

Der Klimawandel hat schon erhebliche Auswirkungen gehabt. Ich denke an die Nässe 2017, an die Dürre 2018 und in diesem Jahr. An der Küste ist der Meeresspiegelanstieg von elementarer Bedeutung. Das Problem ist: Extreme Jahre sorgen für extreme Sensibilität. Wenn es danach wieder normale Jahre gibt, werden die Folgen des Klimawandels nicht mehr so wahrgenommen. Deswegen ist der Klimaschutz in der Verfassung entscheidend. Das ist kein Ziel, dem man sich widmet, wenn es mal lange trocken oder lange nass ist, sondern das wir ernsthaft immer angehen müssen.

Sie sprechen den Anstieg des Meeresspiegels an. Borkum unter Wasser – wie realistisch ist so ein Schreckensszenario?

Die Inseln, da bin ich mir ziemlich sicher, haben auch für die nächsten Jahrhunderte einen Schutz. Wir sind an der Küste ja schon dabei, immer wieder die Deichhöhen anzupassen. Aber neben dem Anstieg des Meeresspiegels nehmen auch die Wetterextreme zu. Die Sorge ist, dass es zu stärkeren Stürmen kommt und die Inseln zum Beispiel von erheblichen Sandabbrüchen betroffen sein werden.

Was können die Bewohner an der Küste dagegen tun?

Die Küstenregion ist prädestiniert zu zeigen, wie Lösungen für den Klimaschutz aussehen. Wir können zeigen, dass Klimaschutz Innovation bedeutet. Klimaschutz ist nicht Verzicht, sondern Veränderung. Wenn wir das in Niedersachsen und in Deutschland darstellen können, dann haben wir eine Chance, dass nicht nur wir den CO2-Ausstoß erheblich senken, sondern das weltweit gelingt.

Auch im Binnenland steigt die Hochwassergefahr. Immer mehr Gewässer werden in die Risikoliste aufgenommen. Wie lassen sich Katastrophen wie 2017 im Süden Niedersachsens verhindern?

Die Überschwemmungen 2017 waren erschreckend. Auf der einen Seite müssen wir wie 2017 dafür sorgen, dass die Menschen nicht absaufen. Auf der anderen Seite geht es wie 2018 darum, dass die Wasserversorgung gesichert ist. Wir werden weitere Rückhaltebecken bauen müssen. Im Harz kommt den Talsperren eine immense Bedeutung zu. Die Funktionen, möglicherweise auch die Dimension der Talsperren werden wir uns in den nächsten Jahren genau ansehen.

Die Landwirte hatten wegen der Dürre im vergangenen Jahr große Ernteausfälle. Dagegen versichert sind aber nur die wenigsten. Reicht es, wie geplant den Steuersatz für Dürreversicherungen zu senken, oder muss das Land mit einem Zuschuss einen weiteren Anreiz liefern?

Wir werden für die Absicherung der Risiken sicherlich nicht noch weitere öffentliche Mittel in die Hand nehmen müssen. Das Problem haben wir ja auch in anderen wirtschaftlichen Bereichen, dass es zu saisonalen oder konjunkturbedingten Problemen kommt. Wir müssen gemeinsam mit der Landwirtschaft überlegen, welche Veränderungen notwendig sind, wenn das Angebot an Wasser geringer wird.

Finanzieren wollen Sie den Klimaschutz mit einen sogenannten Klimafonds. Warum braucht es dafür eine CO2-Abgabe?

Wir dürfen nicht nur von der jährlichen Haushaltssituation abhängig sein. Ein Teil des Geldes für den Klimaschutz muss anders generiert werden. Wir brauchen die CO2-Bepreisung als lenkende Wirkung, damit wir davon wegkommen, dass die fossilen Energieträger günstiger sind als die erneuerbaren Energien. Also: Stromsteuer und EEG-Umlage senken, damit wir wirklich den Umstieg in die Erneuerbaren schaffen und die wirtschaftlichen Entwicklungen forcieren. Gerade in grünem Wasserstoff steckt eine riesige Chance für die Wirtschaft. Soziale Härten müssen natürlich abgefedert werden. Die Hauptlast soll am Ende nicht der Pendler tragen, der den weitesten Weg hat.

Zur Person

Olaf Lies (52) kommt gebürtig aus Wilhelmshaven und lebt mit seiner Familie in Friesland. Seit 2017 gehört der SPD-Politiker der Landesregierung als Umweltminister an, zuvor war er vier Jahre lang Niedersachsens Wirtschaftsminister. dpa