Hannover. Die Zahl politisch motivierter Straftaten ist rückläufig. Einen besorgniserregenden Trend zu rechten Gewalttaten sieht der Innenminister nicht.

Trotz eines erneuten Rückgangs politisch motivierter Kriminalität will Niedersachsen die Extremismusbekämpfung und die Prävention weiter ausbauen."Die Landesregierung wird im Kampf gegen extremistische Aktivitäten – aus welcher Richtung auch immer – nicht nachlassen“, sagte Innenminister Boris Pistorius (SPD) bei der Vorlage des Lagebildes zur politisch motivierten Kriminalität am Montag in Hannover. Demnach lag die Zahl der politisch motivierten Straftaten 2018 bei 2501 nach 2857 im Jahr davor. Gut die Hälfte der Taten kam aus dem rechten Spektrum.

Rechte Straftaten

Die Zahl rechtsmotivierter Straftaten sank von 1400 auf 1318, die von rechten Gewalttaten stieg von 48 auf 54. Die bundesweit beklagte Zunahme der Gewaltbereitschaft von Rechtsextremen spiegele sich in Niedersachsen in den Zahlen nicht wieder, sagte Pistorius. 84 Straftaten - zumeist Beleidigungen und Nötigungen - gab es aus der Szene selbsternannter Reichsbürger. 61 dieser Taten waren rechtsorientiert. Die Zahl der Angriffe auf Amts- und Mandatsträger sank von 150 auf 103, die Hälfte davon war rechtsmotiviert. Die Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsheime oder deren Bewohner ging von 22 auf 11 zurück.

Linke Straftaten

Die Zahl der linksmotivierten Straftaten sank von 591 auf 548, die der linken Gewalttaten von 84 auf 83. Dazu kam es vor allem im Zusammenhang mit Demonstrationen, wobei in 48 Fällen Polizisten Opfer linker Gewalt wurden. Auch Attacken auf politischen Gegner wie etwa Mitglieder der AfD gehörten dazu. Zu den Gewalttaten gehörten auch neun Brandstiftungen, die sich unter anderem gegen die Bundeswehr und ein Rüstungsunternehmen richteten.

Ausländische Ideologie

Mit 266 blieb die Zahl der Straftaten, die mit einer ausländischen Ideologie in Zusammenhang stehen, praktisch auf dem Vorjahresniveau von 263 Taten. Der Anstieg der Gewalttaten in dem Bereich von 13 auf 51 hängt unter anderem mit Auseinandersetzungen zwischen Kurden und Türken wegen der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien zusammen. Rückläufig war die Zahl religiös motivierter Straftaten, die von 72 auf 46 sank. Einen erheblichen Anteil hatten dabei Taten mit islamistischem Hintergrund. 2018 gab es 15 Taten mit einem terroristischen Hintergrund, im Vorjahr waren es 25.

Antisemitische Straftaten

Die Zahl antisemitischer Straftaten sank von 128 auf 99. Dabei waren 92 Taten rechtsmotiviert, wobei ein rechtes Motiv nach den bundesweiten Regeln der Statistik immer dann angenommen wird, wenn kein anderes Motiv erkennbar ist. Um die Statistik in diesem Punkt verlässlicher zu machen kündigte der Minister künftig eine eingehendere Untersuchung der tatsächlichen Tatmotive an.

Kampf gegen Extremismus

Zur besseren Beobachtung vor allem der islamistischen Szene und zur Früherkennung anderer terroristischer Bestrebungen stellt das Landeskriminalamt neben Islamismus- und Internetexperten auch sogenannte Financial Intelligence Officer ein. Diese sollen Geldflüsse zur Finanzierung von Terrorismus und auch Täterstrukturen erkennen.

Prävention

Die Kompetenzstelle Islamismusprävention Niedersachsen (KIP NI) soll weiter ausgebaut und vernetzt werden. Ebenso werde das Landesprogramm gegen Rechtsextremismus und für Demokratie und Menschenrechte zum einem umfassenden Landesprogramm gegen politischen Extremismus jeglicher Couleur erweitert, kündigte Pistorius an. dpa