Hannover. . Nach Einschätzung der Arbeitsagentur ist der Arbeitsmarkt 2019 weiter in guter Verfassung. Doch nicht alle profitieren von der positiven Entwicklung.

Der Jobmotor brummt weiter: Der positive Trend auf dem Arbeitsmarkt hält in Niedersachsen und Bremen nach Einschätzung der Arbeitsagentur auch 2019 an, auch wenn die konjunkturelle Dynamik etwas an Tempo verliert. Erwartet wird eine Zunahme der Beschäftigten in Niedersachsen um 1,8 und in Bremen um 1,2 Prozent. Nach der Prognose sinkt die Arbeitslosigkeit in Niedersachsen um 6,4 und in Bremen um 4,3 Prozent, wie die Agentur für Arbeit mitteilte. Allerdings profitieren längst nicht alle von dem Trend. In der Vergangenheit stieg vor allem die Zahl der Teilzeitjobs. Für Geringqualifizierte gibt es weiter kaum Stellen.

Wachsende Zahl an Teilzeitstellen

Den stärksten Jobzuwachs gab es zuletzt im Gesundheits- und Sozialwesen, dem verarbeitenden Gewerbe sowie im Dienstleistungssektor und Handel. Vom Beschäftigungsanstieg profitierten besonders Frauen, Ausländer - darunter Flüchtlinge und Arbeitssuchende aus ost- und südeuropäischen EU-Staaten - sowie ältere Arbeitnehmer ab 55 Jahren. Frauen konnten vor allem von der wachsenden Zahl an Teilzeitstellen profitieren, 80 Prozent der Teilzeit-Beschäftigten sind Frauen. Wie die Arbeitsagentur erklärte, ist nicht ganz deutlich, ob Frauen gezielt oder notgedrungen in Teilzeit arbeiteten. Frauen kritisierten, dass die Rückkehr auf Vollzeitstellen schwierig sei.

„Langzeitarbeitslose außen vor“

Zwar begrüßt auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) den positiven Trend in Niedersachsen und Bremen. „Die Arbeitslosigkeit sinkt und die Beschäftigung wächst, das ist erfreulich“, sagte der Vorsitzende des DGB-Bezirks Niedersachsen-Bremen-Sachsen-Anhalt, Mehrdad Payandeh. „Allerdings profitieren längst nicht alle, Langzeitarbeitslose bleiben außen vor.“ Ihre Chance auf eine Stelle sei extrem gering, von 1000 Langzeitarbeitslosen fänden nur 16 im Folgemonat eine Arbeit.

Beklagt wird vom DGB zudem, dass fast jeder vierte Niedersachse im Niedriglohnsektor für einen Stundenlohn von weniger als zehn Euro arbeitet. Etliche dieser Beschäftigten erhielten zudem noch nicht einmal den vorgeschriebenen Mindestlohn ausgezahlt. Um dies zu unterbinden, müsse die Finanzkontrolle Schwarzarbeit aufgestockt werden. Problematisch ist aus DGB-Sicht auch die rückläufige Tarifbindung: Nur noch 57 Prozent der niedersächsischen Beschäftigten würden nach Tarifvertrag bezahlt, 2002 waren es noch 76 Prozent. „Für viele ist gute Arbeit keine Selbstverständlichkeit“, sagte Payandeh. „Die Landesregierung kann gegensteuern, indem sie öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen gibt, die nach Tarifvertrag zahlen.“

Fachkräftemangel vor allem in Ballungsräumen

Einen gravierender Fachkräftemangel sieht die Arbeitsagentur unter anderem in den Gesundheits- und Pflegeberufen, in einzelnen technischen Berufen wie der Mechatronik, Energietechnik, Klempnerei sowie in Bauberufen und im IT-Bereich. Besonders in Gebieten mit sehr niedriger Arbeitslosigkeit wie im westlichen Niedersachsen sowie im Speckgürtel der Ballungsräume Hannover, Bremen und Hamburg hätten Arbeitgeber es schwer, neue Fachkräfte zu finden. Wie die Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN) erklärten, seien insbesondere der Raum Bad Bentheim, Gifhorn und Oldenburg bis hinüber zum Kreis Harburg betroffen.

Der viel beklagte Fachkräftemangel sei auch hausgemacht, sagt der DGB. Nur 23 Prozent der Betriebe bildeten aus, obwohl 100 Prozent von qualifizierten Fachkräften profitierten. „Statt immer nur zu klagen, müssen die Arbeitgeber mehr Ausbildungsplätze schaffen, für bessere Arbeitsbedingungen sowie tarifliche Löhne sorgen und altersgerechtes Arbeiten viel stärker fördern“, sagte DGB-Bezirkschef Payandeh. „Damit lässt sich dem Fachkräfteproblem wirksam begegnen.“

Die Unternehmerverbände mahnten an, dass nicht nur Studierende sondern auch Auszubildende von günstigen Tickets für den Nahverkehr profitieren sollten. Außerdem müsse die Unterrichtsversorgung an den Berufsschulen verbessert werden, die derzeit bei unter 90 Prozent liegt. 157 von 667 offenen Berufsschullehrerstellen konnten zuletzt nicht besetzt werden. Außerdem kritisieren die UVN, dass die Hürden für die Beschäftigung von Flüchtlingen zu hoch seien. Außerdem müssten ausländische Bildungsabschlüsse unkomplizierter anerkannt werden. dpa