Hannover. Häufig scheitern Abschiebungen, viele Herkunftsländer kooperieren nicht. In Niedersachsen sind 2018 bisher drei Viertel der Abschiebungen gescheitert.

In Niedersachsen ist in diesem Jahr ein Großteil der Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern bisher gescheitert. In den ersten zehn Monaten wurde nur gut jede vierte Abschiebung umgesetzt, wie aus Zahlen des Innenministeriums hervorgeht.

Die Ausländerbehörden richteten bis Ende Oktober 5375 Abschiebeersuchen an das Landeskriminalamt. Doch nur 1250 Menschen verließen das Land tatsächlich, in 4125 Fällen scheiterte der Versuch.

Die Gründe dafür waren vielfältig, wie es aus dem Innenministerium heißt. Häufig hätten die Passersatzpapiere nicht rechtzeitig vorgelegen. In anderen Fällen verhinderten gerichtliche Entscheidungen die Abschiebung, die Asylbewerber waren nicht reisefähig oder wurden nicht angetroffen.

2017 waren in Niedersachsen im Schnitt zwei von drei Abschiebungen gescheitert. Von 4951 Abschiebungsersuchen konnten 1724 ausgeführt werden.

Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte der Deutschen Presse-Agentur dazu: «Der Abschiebeverzug lässt sich nur beschleunigen, wenn die Herkunftsländer besser kooperieren.» Dies sei Sache des Bundes, der entsprechende Rückübernahmeabkommen abschließen müsse. Für Herkunftsstaaten, die nicht kooperieren, sollten zudem weniger Visa für Deutschland ausgestellt werden.

Nach Angaben des Innenministeriums sank in den ersten zehn Monaten des Jahres in Niedersachsen auch die Zahl der freiwilligen Ausreisen. 2263 Menschen entschieden sich für die Rückkehr in ihre Heimatländer. Im Vergleichszeitraum 2017 hatten sich 3874 Flüchtlingen auf den Rückweg gemacht.

Im Innenministerium weist man außerdem darauf hin, dass Abschiebungen auch beschleunigt werden könnten, wenn dafür EU-Laissez-Passer-Dokumente genutzt werden könnten, also Dokumente, die deutsche Behörden für die Abschiebung ausstellen. Dann müssten nicht erst Passersatzpapiere bei dem Herkunftsstaat besorgt werden. Diese Möglichkeit gebe es bereits bei der Rückführung in Westbalkanstaaten.

Der Geschäftsführer des niedersächsischen Flüchtlingsrates, Kai Weber, hält von diesen Vorschlägen wenig. «Die Ausstellung von Abschiebungspapieren durch deutsche Behörden birgt die Gefahr, dass die Leute in Ländern ankommen, deren Staatsbürger sie gar nicht sind. Das kann nicht die Lösung sein.»

Auch Sanktionen bei der Visavergabe, die die Eliten in den Herkunftsländern der Flüchtlinge treffen sollen, findet Weber nicht sinnvoll. «Auf die Lebensverhältnisse der Betroffenen, die sich wegen verloren gegangener Perspektiven auf die Flucht machen, haben solche Maßnahmen keinen Einfluss.» Die Politik sei weiterhin gefordert, die Fluchtursachen zu bekämpfen.