Hannover. Die Staatsanwaltschaft Hildesheim hat sechs Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Ermittlungen berufen auf Unterlagen des Bistums Hildesheim.

Im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche hat die Staatsanwaltschaft Hildesheim sechs Ermittlungsverfahren eingeleitet. In einem weiteren Verfahren werde ein Anfangsverdacht geprüft, teilte das Justizministerium am Freitag nach einem Gespräch zwischen Justizministerin Barbara Havliza (CDU), dem Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer und weiteren Kirchenvertretern mit.

Dem Ministerium zufolge beruhen die neuen Ermittlungen auf Unterlagen, die das Bistum Hildesheim Ende Oktober der Anklagebehörde übergeben hat. Das Bistum habe zugesagt, weitere Akten zu übersenden. Auch die Bistümer Osnabrück und Münster stehen demnach im intensiven Austausch mit den Staatsanwaltschaften und wollen die für Ermittlungen nötigen Unterlagen herausgeben.

Juristische Aufarbeitung

„Die juristische Aufarbeitung der Studie muss vorangehen“, sagte Havliza nach dem Treffen, an dem neben Wilmer auch der Generalvikar des Bistums Osnabrück, Theo Paul, und der Weihbischof von Vechta, Wilfried Theising teilnahmen. „Das darf keine kircheninterne Angelegenheit bleiben.“

Im September wurde eine bundesweite Studie im Auftrag der katholischen Kirche bekannt, nach der zwischen 1946 und 2014 mindestens 1670 katholische Kleriker 3677 Minderjährige missbraucht haben sollen. In Niedersachsen und Bremen ging es um mehr als 220 Opfer und 115 Geistliche.

Im Bistum Hildesheim wurden laut der Studie 46 Geistliche des Missbrauchs beschuldigt, davon sind 36 bereits tot. In vier Fällen schaltete die Kirche selbst die Staatsanwaltschaft ein. In den übrigen Fällen hätten Opfer dies nicht gewollt oder es sei um strafrechtlich nicht relevante Grenzüberschreitungen gegangen, berichtete ein Bistumssprecher im Oktober.

Kirchenvertreter wollen sich beteiligen

Da nach der Veröffentlichung der Studie klar wurde, dass den niedersächsischen Staatsanwaltschaften nicht alle genannten Fälle bekannt waren, wandte sich die Justizministerin Anfang Oktober an die Bistümer. Sie forderte die Kirchenvertreter auf, den Staatsanwaltschaften nötige Unterlagen zur Verfügung zu stellen, um die Verfolgung von Straftaten prüfen zu können. In dem Gespräch mit der Justizministerin versicherten die Kirchenvertreter nun, sich umfassend an der juristischen Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe zu beteiligen. Erste Akten seien an die Staatsanwaltschaft übergeben worden, weitere sollen folgen.

„Ich bin froh, dass die Staatsanwaltschaften nunmehr ihre Ermittlungsarbeit voranbringen können“, sagte Havliza. Dem Ministerium zufolge klärt das Bistum Osnabrück derzeit, inwieweit Fälle aus der Studie den Ermittlungsbehörden noch nicht bekannt sind. Das Bistum habe die Herausgabe von Akten angekündigt, die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet.

Enger Kontakt von Behörden

Mit Blick auf das Bistum Münster, dessen Gebiete in Niedersachsen vom Bischöflich Münsterschen Offizialat in Vechta verwaltet werden, sind die Staatsanwaltschaften Münster und Oldenburg zuständig. Nach Angaben des Justizministeriums stehen beide Behörden bei der Prüfung der Missbrauchsvorwürfe in engem Kontakt.

In Oldenburg sei ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt eingeleitet worden. Nötige Akten sollen der Staatsanwaltschaft übergeben werden. „Der Vertreter des Bistums hat gegenüber der Ministerin am Freitag bekräftigt, die für Ermittlungen erforderlichen Unterlagen herausgeben zu wollen“, teilte der Ministeriumssprecher mit.

Prävention von sexuellem Missbrauch

Um Missbrauch vorzubeugen, hat Havliza die Einrichtung einer Kommission beim Landespräventionsrat (LPR) angeregt. Diese solle sich mit der Prävention von sexuellem Missbrauch befassen. An der Kommission sollten sich Mitglieder des LPR und möglichst viele gesellschaftliche Kräfte beteiligen, hieß es aus dem Ministerium. „Mit dieser Idee wollen wir - neben der Arbeit unserer ,Stiftung Opferhilfe’ - ein deutliches Signal für die Prävention von sexuellem Missbrauch setzen. Und auch konkrete Hilfestellungen leisten“, sagte Havliza. Die Vertreter der Bistümer hätten zugesagt, sich an diesem Projekt beteiligen zu wollen.