Hannover. Quereinsteiger gelten im Kampf gegen Lehrermangel als Wundermittel. Allerdings: Sie landen häufig auf schwer zu besetzenden Stellen.

Quereinsteiger in den Lehrerberuf unterrichten in Niedersachsen besonders häufig an Hauptschulen, in ländlichen Regionen und an Schulen mit hohem Ausländeranteil. Dies geht aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor. Die Bildungsexpertin der Grünen und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mahnen zeitliche Entlastungen und kleinere Klassen an, um bestimmte Lehrämter attraktiver zu machen.

Zum Start des neuen Schuljahres im August hatte das Land 2000 neue Lehrerstellen ausgeschrieben. Davon konnten 1932 besetzt werden, darunter 247 mit Quereinsteigern. Wie die Statistik vom Beginn des Schuljahres zeigt, lag der Anteil von Quereinsteigern, die ihre Lehrerausbildung noch nicht abgeschlossen hatten, an Hauptschulen bei 2,14 Prozent. An kombinierten Grund-, Haupt- und Realschulen betrug er 1,95 Prozent. An Gymnasien stellten Quereinsteiger in Ausbildung dagegen nur 0,15 Prozent des Kollegiums.

Anteil in Städten geringer als auf dem Land

Vergleicht man nur diejenigen Grundschulen untereinander, die Seiteneinsteiger beschäftigen, so war ihr Anteil in den Städten Hannover, Braunschweig und Osnabrück mit Werten zwischen 5,26 Prozent und 5,85 Prozent deutlich geringer als in den umliegenden ländlichen Gemeinden (7,20 Prozent).

Auch dort, wo die Quote von Schülern mit nicht-deutscher Herkunftssprache besonders hoch ist, unterrichten zumindest an Grundschulen und an den kombinierten Haupt-, Grund- und Realschulen mehr Quereinsteiger als an Schulen des gleichen Typs mit geringem Ausländeranteil. Bei Hauptschulen ergab sich hier kein Unterschied.

Die meisten Lehrer wollen ans Gymnasium

"Der bundesweite Lehrkräftemangel zeigt sich vor allem darin, dass es schwierig ist, in peripheren Regionen und an bestimmten Schulformen alle offenen Stellen zu besetzen", sagte dazu ein Sprecher des Kultusministeriums. Es gebe mehr Bewerber für das Lehramt an Gymnasien als an andern Schulformen. Daher sei die Wahrscheinlichkeit, dass im Auswahlverfahren an einer Grund-, Real-, Ober- oder Gesamtschule ein Quereinsteiger den Zuschlag bekomme, höher als bei Stellenausschreibungen für das Lehramt an Gymnasien.

"Natürlich überrascht es nicht, dass Schulen, die als Arbeitsplatz weniger attraktiv sind, mehr Quereinsteiger bekommen", sagte die Grünen-Bildungsexpertin Julia Willie Hamburg. Da aber der Einsatz der Lehrer ohne klassische Ausbildung in den kommenden Jahren noch zunehmen werde, dürfe die Landesregierung das Problem nicht ignorieren. Denkbar sei etwa die Einführung von Entlastungsstunden für Quereinsteiger an Schulen in schwierigem Umfeld - oder Zulagen.

Bezahlung an unteren Schulformen deutlich schlechter

Die GEW verweist darauf, dass Lehrer an Grund-, Haupt- und Realschulen deutlich schlechter bezahlt werden. "Weil kaum noch derartige Lehrkräfte zu bekommen sind, wird in dieser Notsituation verstärkt auf Quereinsteigende gesetzt", sagte die GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth. Das Land müsse die Bezahlung verbessern. Für schwer zu besetzende Stellen müssten Anreize geschaffen werden, dies könnten beispielsweise kleinere Klassen sein.

"Wir sehen die Gefahr, dass an manchen Schulen der Unterricht nur noch aufrecht erhalten werden kann, wenn man auf Quereinsteiger zurückgreift", mahnte Frank Stöber, Vorsitzender des Schulleitungsverbandes. Wichtig sei, dass Quereinsteiger eine Vorqualifizierung bekämen, bevor sie sich vor die Klasse stellen. Die Pläne des Kultusministeriums sehen vor, ihnen künftig vor dem Beginn der Lehrertätigkeit die Teilnahme an einem Vorbereitungsseminar zu ermöglichen.