Braunschweig. . Vorwurf gegen den 96-Jährigen: Beteiligung an einem Massenmord an Juden. Zustand und Alter des Harzers verhindern allerdings weitere Ermittlungen.

Bewegung in den Ermittlungen gegen zwei mutmaßliche NS-Kriegsverbrecher aus Niedersachsen: Gegen einen 96-Jährigen aus dem Harz wird wegen Verhandlungsunfähigkeit nicht weiter ermittelt. Ein Verfahren gegen einen Mann aus Georgsmarienhütte, Jahrgang 1923, ist hingegen weiterhin möglich. Das sind die Ergebnisse der gesundheitlichen Gutachten, wie die Generalstaatsanwaltschaft Celle und die Staatsanwaltschaft Braunschweig auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilten.

Gegen die Männer gab es einen Anfangsverdacht. Sie sollen als Mitglieder der Waffen-SS an einem Massenmord an mehr als 33 700 Juden in der Schlucht von Babi Jar in der Ukraine im September 1941 beteiligt gewesen sein. «Der Beschuldigte ist vom Amtsarzt aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes und fortgeschrittenen Alters als dauerhaft verhandlungsunfähig erklärt worden», sagte Julia Meyer von der Braunschweiger Staatsanwaltschaft. Für den Fall des 96-Jährigen aus dem Harz bedeutet das ihr zufolge, dass die Akten ins Archiv kommen.

Im Fall des etwas jüngeren Mannes aus Georgsmarienhütte haben die Celler Ermittler hingegen den Antrag gestellt, dem Beschuldigten einen Verteidiger zu bestellen. Laut Gutachten ist er zumindest einschränkt verhandlungsfähig. Sobald dem Verteidiger Akteneinsicht gewährt worden sei, werde eine Vernehmung geprüft, erläuterte eine Sprecherin den möglichen Ablauf.

In einem ähnlichen Fall ermittelt die Kasseler Staatsanwaltschaft gegen einen 96-Jährigen aus dem nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis. Die Zuständigkeit für die Ermittlungen ergibt sich bei Taten im Ausland nach dem Wohnort des Verdächtigen.

Für das Sammeln und Sichten von Unterlagen ist die Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen im baden-württembergischen Ludwigsburg zuständig. Dort wurde man wiederum durch das Simon-Wiesenthal-Center auf die mutmaßlichen Verbrecher aufmerksam. Selbst Anklage erheben könne die Behörde aber nicht, erklärt Leiter Jens Rommel, warum die Akten nach den Vorermittlungen weitergeben werden. «Leider ist eine Einstellung wie in Braunschweig kein besonderes Ergebnis», sagt Rommel.

2015 hatte das Landgericht Lüneburg den früheren SS-Mann Oskar Gröning wegen Beihilfe zum Mord in 300 000 Fällen im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz zu vier Jahren Haft verurteilt. Im März 2018 starb Gröning im Alter von 96 Jahren.