Hannover. Am Samstag demonstrieren Tausende in Hannover. Sie glauben, die Aufrüstung im Anti-Terror-Kampf passiert auf Kosten der Bürgerrechte.

Mehrere Tausend Menschen sind in Hannover wegen der geplanten Änderung des Polizeigesetzes auf die Straße gegangen. Etwa 5100 Demonstranten zogen am Samstag nach Angaben der Polizei mit bunten Plakaten und Fahnen vom Bahnhof durch die Innenstadt zum Landtag. Die Veranstalter sprachen von rund 11 000 Teilnehmern. Zu der Demonstration hatte ein Bündnis von mehr als 120 politischen und gesellschaftlichen Gruppen aufgerufen.

Die rot-schwarze Landesregierung will zur Terrorabwehr der Polizei mehr Befugnisse geben. Gefährder sollen zum Beispiel für 74 Tage in Präventionshaft kommen oder mit elektronischen Fußfesseln überwacht werden. Die Ermittler sollen auch Schadsoftware einsetzen können, um Verdächtige auszuspähen - Beamte sollen laut dem Entwurf zudem mit am Körper getragenen Kameras („Bodycams“) filmen dürfen. Auch dagegen rührt sich Widerspruch, wenn die Aufnahmen prophylaktisch gemacht werden und Unbeteiligte ohne konkreten Anlass ins Visier der Behörden geraten. Kritiker befürchten massive Eingriffe in Bürgerrechte und fordern, dass die große Koalition den Gesetzentwurf überarbeitet.

Mit vielen Maßnahmen schieße die Landesregierung über das Ziel hinaus, sagte die Verdi-Landesvorsitzende Renate Sindt. "Das Gesetz gibt der Polizei Aufgaben und Rechte, die eigentlich nur ein Richter haben dürfte." Die Gewerkschaft kritisiert vor allem die Verschärfung des Versammlungsrechts, weil dies auch die Gewerkschaften treffen könne, da diese oft mit Protesten auf gesellschaftliche Veränderungen drängten.

Innenminister Boris Pistorius (SPD) hatte am Freitag erneut dem Vorwurf massiver Eingriffe in Bürgerrechte widersprochen. Erweiterte Befugnisse für die Polizei zielten insbesondere auf terroristische Gefährder und keinesfalls auf kriminelle Fußballfans oder Demonstranten.

Die Novellierung des Polizeigesetzes gehört zu den zentralen Vorhaben der rot-schwarzen Koalition. Die oppositionelle FDP droht mit einer Verfassungsklage für den Fall, dass das Gesetz ohne wesentliche Änderungen beschlossen wird.

Als Reaktion auf folgenschwere Anschläge wie auf den Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember 2016 mit zwölf Toten hatte der Bundestag die Maßnahmen zur Terrorabwehr verschärft. Um eine flächendeckende Überwachung zu ermöglichen, müssen auch die entsprechenden Gesetze in den Ländern geändert werden. In mehreren Bundesländern wurde die Gesetzgebung bereits angepasst. dpa