Nienburg. Mehr als ein Jahr nach den G20-Krawallen hat die Polizei am Mittwoch in Norddeutschland Wohnungen von mutmaßlichen linken Gewalttätern durchsucht.

Nach wochenlanger Vorbereitung sind am Mittwochmorgen unter dem Schutz von Spezialeinheiten aus 13 Bundesländern hunderte Polizisten gegen 4 Uhr angerückt, um 23 Wohnungen und Häuser in Nienburg und Umgebung zu durchsuchen. Dort leben Angehörige zweier rivalisierender Großfamilien, die sich jüngst auf offener Straße eine Auseinandersetzung mit Verletzten geliefert hatten. Laut Staatsanwaltschaft Verden wurden zahlreiche Waffen und waffenähnliche Gegenstände beschlagnahmt. Festnahmen habe es nicht gegeben, sagte Sprecher Martin Schanz. Bei der Aktion war nach Angaben des niedersächsischen Innenministeriums auch die Spezialeinheit GSG 9 der Bundespolizei beteiligt.

Hintergrund der Durchsuchungen ist nach Angaben der Behörden eine schon länger anhaltende Fehde zwischen den polizeibekannten Großfamilien, die seit langem in Nienburg leben. Ende Juli hatte die Auseinandersetzung einen vorläufigen Höhepunkt. Zwischen 40 und 50 zum Teil bewaffnete Beteiligte lieferten sich Auseinandersetzungen auf einer Straße. Zwei Männer wurden schwer verletzt. Es seien auch Schüsse gefallen, sagte ein Polizeisprecher.

Die Durchsuchungen sollten vor allem dazu dienen, Waffen und andere Tatwerkzeuge aufzuspüren. Wegen der Vielzahl der durchsuchten Objekte und zur Eigensicherung der Beamten seien dazu zahlreiche Spezialeinheiten angefordert und eingesetzt worden, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Schanz. Es habe bei der Aktion zum Glück keine Zwischenfälle gegeben.

Viele Mitglieder beider Familien seien durch Gewalt- und Eigentumsdelikte aufgefallen, sagte ein Polizeisprecher. Welche Waffen und waffenähnlichen Gegenstände den Beamten bei der Aktion in die Hände gefallen sind, wollte der Sprecher aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen. Es befänden sich aber auch Gegenstände darunter, nach denen im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung im Juli gesucht wurde.

Zum Hintergrund der Fehde machten die Behörden keine Angaben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt aber seither gegen 29 Beschuldigte im Alter zwischen 17 und 61 Jahren unter anderem wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und schweren Landfriedensbruchs. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte am Mittwoch zu der Polizeiaktion: „Das rechtswidrige Agieren krimineller Gruppen wird im Ansatz unterbunden. Wer deutsche Gesetze und Normen ignoriert und das Recht in die eigenen Hände nimmt, bekommt eine klare Antwort des Rechtsstaats.“ dpa