Extremismus und Populismus verschwimmen zunehmend und verbreiten sich verstärkt über das Internet. Niedersachsens Verfassungsschutzchefin reagiert.

Angesichts der wachsenden Verbreitung von Extremismus über soziale Medien will Verfassungsschutzpräsidentin Maren Brandenburger ihre Behörde neu formieren. „Wir müssen den Entwicklungen entgegentreten, wir müssen jetzt die Behörde anders aufstellen“, sagte Brandenburger am Mittwoch in Hannover. Es stelle sich zum Beispiel die Frage, inwieweit das bisherige nachrichtendienstliche Instrumentarium an seine Grenzen stoße. Um die Suche und Auswertung umfangreicher extremistischer Inhalte im Internet zu gewährleisten, seien mehr IT-Experten und mehr Wissenschaftler zur Analyse der Daten erforderlich.

Über die Gefahrenabwehr hinaus müsse der Verfassungsschutz künftig ein Frühwarnsystem entwickeln, um den geistigen Nährboden von Extremismus weit im Vorfeld zu erkennen, sagte Brandenburger. Statt in klar abgegrenzten Strukturen bewegten sich Extremisten und Populisten zunehmend in gemeinsamen Graubereichen, wo gewaltbereite Tendenzen entstehen könnten. „Wir brauchen neue Herangehensweisen“, betonte sie.

Wie Brandenburger auf einer Fachtagung zu wachsenden Bedeutung Neuer Medien für den Extremismus sagte, müssten die technische Infrastruktur und die Arbeitsbedingungen der Behörde verbessert werden. „Wir müssen die Kernkompetenz des Verfassungsschutzes ergänzen durch Kompetenzen im IT-Bereich.“ An jedem Arbeitsplatz müssten es Verfassungsschützer künftig beherrschen, in sozialen Medien, Messengerdiensten und Plattformen extremistische und bedenkliche Inhalte zu lokalisieren. „Wir müssen einen Großteil der Online-Kommunikation nachzeichnen.“ Dies sei aufwendig und führe dazu, dass der Verfassungsschutz künftig mehr Geld benötige.

Dadurch, dass Rechts- und Linksextremisten und auch Islamisten verstärkt das Internet und soziale Medien nutzten, gäben sie viel mehr preis und die Sicherheitsbehörden kämen an viel mehr Informationen heran. Deren Speicherung und Analyse aber sei sehr aufwendig, sagte Brandenburger. Um die auch bei anderen Behörden dringend benötigten IT-Experten für den Verfassungsschutz zu gewinnen, müsse dieser als Arbeitgeber attraktiver werden.

Wegen der wachsenden Präsenz von Extremisten im Netz bietet das Aussteigerprogramm „Aktion Neustart“ für Islamisten und Rechtsextremisten in Niedersachsen künftig auch eine Online-Beratung. dpa