Berlin. Lohnt sich Arbeit hierzulande noch? Bei „Hart aber fair“ wurde über Menschen diskutiert, die lieber Bürgergeld statt einen Job wollen.

Menschen sehnen sich nach einer Vier-Tage-Woche – und höheren Löhnen. Ein Widerspruch? Einerseits schrumpfte die Wirtschaft zuletzt krisenbedingt. Andererseits herrscht zunehmender Fachkräftemangel, was die Verhandlungsposition vieler Arbeitnehmer stärkt.

Das Thema beschäftigte am Montagabend auch die Runde bei „Hart aber fair“. „Keinen Bock mehr auf Leistung?“ war die Sendung überschrieben. Es diskutierten: Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), IG-Metall-Chefin Christiane Benner, der Handwerker Hendrik Ambrus, die Journalistin Ronja Ebeling und der Ökonom Michael Hüther.

„Hart aber fair“: Diese Gäste waren am 13. November dabei

  • Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales
  • Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall
  • Ronja Ebeling, Journalistin, Autorin von „Work Reloaded“
  • Hendrik Ambrus, Geschäftsführer eines Handwerksbetriebs
  • Prof. Michael Hüther, Wirtschaftswissenschaftler, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln

Ist das Bürgergeld das Problem?

Zunächst drehte sich die Debatte um das Bürgergeld. Dazu berichtete Hendrik Ambrus aus seinem Betrieb: „Die Leute fühlen sich schon veräppelt“, sagte der Inhaber eines Dachdeckerbetriebs mit Blick auf die für 2024 beschlossene Erhöhung auf 563 Euro. Der Abstand zwischen Lohn und Bürgergeld sei zum Teil nicht deutlich genug, was für manche falsche Anreize schaffe. Da hatte Ambrus durchaus einen Punkt, schließlich zeigen Studien, dass der Unterschied zwischen Bürgergeldbezug und Arbeit je nach Konstellation nur wenige Hundert Euro betragen kann. Die Journalistin Ronja Ebeling berichtete passend dazu von einem Bäckermeister, der zuletzt fünf Kündigungen erhalten habe, weil die Mitarbeiter sich im Bürgergeld besser aufgehoben fühlen.

Der Ökonom Michael Hüther gab zudem zu bedenken, dass Bürgergeldbezieher häufig vergünstigte Eintritte wahrnehmen könnten, was eine Schieflage zwischen staatlicher Unterstützung und dem Lohn verstärken könne.

Mehr Lohn statt weniger Bürgergeld

Ist das Bürgergeld also das Problem? Hubertus Heil warnte in der Sendung ausdrücklich vor Schnellschüssen: „Jemand, der so bescheuert ist, wegen des Bürgergeldes zu kündigen, der bekommt erst mal kein Bürgergeld, der kriegt erst einmal eine Sperre beim Arbeitslosengeld“, sagte der Minister. Bürgergeld sei kein bedingungsloses Grundeinkommen, man müsse bedürftig sein. Wer nicht mitwirke, dem drohten Leistungskürzungen.

Weiter führte er aus: „Das Bürgergeld sichert das Existenzminimum, das ist von der Verfassung so vorgesehen.“ Zudem sei immer bessergestellt, wer arbeite – übrigens auch in der Rente. „Wir haben kein faules Volk in Deutschland“, befand Heil. Um den sogenannten Lohnabstand zu erhöhen, sollten die Löhne steigen.

Das klang plausibel. Doch was würde ein deutlich höherer Mindestlohn bedeuten? „Ein Facharbeiter kriegt bei uns bereits jetzt 14,80 Euro“, sagte Dachdecker Ambrus. Steigende Lohnkosten könnten viele Unternehmen wohl meistern, allerdings würden die Kosten auch weitergegeben werden: an die Kunden.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Die Vier-Tage-Woche als Wettbewerbsvorteil

Ein weiterer Anreiz könnte in Zeiten von Fachkräftemangel die Vier-Tage-Woche sein. Ronja Ebeling berichtete, dass die Maßnahme häufig einen Wettbewerbsvorteil für Arbeitgeber bedeute. Auch gebe es Hinweise, dass die Krankentage nach der Einführung abnehmen.

Allerdings kann die Vier-Tage-Woche auch in anderer Hinsicht Flexibilität ermöglichen. Die IG Metall fordert sie gerade in den Tarifverhandlungen. Die Stahlindustrie stelle sich um, erklärte dazu Christiane Benner. Das werde perspektivisch zur Folge haben, dass Jobs wegfallen, was durch kürzere Arbeitszeiten kompensiert werden könne.

Gänzlich anderer Meinung war Michael Hüther. „Das wäre ein fatales Signal“, sagte der Chef des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft. Die wegfallende Produktivität müsse irgendwie kompensiert werden.

Der Dialog des Abends …

… fand zwischen ebendiesem Michael Hüther und dem Gastgeber statt. Als der Ökonom sich etwas ausschweifend erklären wollte, versuchte Louis Klamroth ihn mit einem „Das haben sie (die anderen Gäste, Anm. d. Red.) verstanden“ zu unterbrechen. „Nein, das haben sie nicht verstanden!“, entfuhr es Hüther. „Doch“, erwiderte Klamroth, „sie sind nur nicht Ihrer Meinung.“

„Hart aber Fair“: Das Fazit

Die Themenwahl dieser Ausgabe von „Hart aber fair“ wirkte auf den ersten Blick ein wenig eigenwillig. Warum jetzt über Anreize für den Arbeitsmarkt sprechen? Insgesamt ging das Konzept aber durchaus auf, auch weil sich einmal mehr zeigte: Das Thema ist wichtig – und betrifft uns alle.

Zur Ausgabe von „Hart aber fair“ in der ARD-Mediathek