Berlin. Bei „Hart aber fair“ irritiert ein früherer Musikmanager mit seinen Aussagen zur Rammstein-Debatte. Auch eine CDU-Politikerin eckt an.

Die Vorwürfe gegen den Sänger Till Lindemann wiegen schwer. Mehrere Frauen hatten – teilweise anonym – behauptet, dass sie bei Rammstein-Konzerten in die Row Zero, also den Bereich zwischen Bühne und Publikum, eingeladen worden und gefragt worden seien, ob sie zur Aftershowparty kommen wollten. Dort sei es zu Situationen gekommen, die sie teils als beängstigend empfunden hätten. Nach Schilderungen einiger Frauen soll es auch zu sexuellen Handlungen mit Lindemann gekommen sein.

„Hart aber fair“: Diese Gäste waren am Montag dabei

  • Rita Süssmuth (ehemalige CDU Familienministerin und Bundestagspräsidentin)
  • Lisa Schäfer (CDU-Kommunalpolitikerin und Mitglied der Jungen Union)
  • Stefanie Lohaus (Journalistin)
  • Tobias Haberl (Buchautour und Journalist beim SZ-Magazin)
  • Thomas M. Stein (Unternehmer und ehemaliger Musikproduzent)

Vorwürfe, die Musikmanager Thomas Stein für sehr unwahrscheinlich hält: „Wie der sich auf der Bühne ausarbeitet, wie der mit 60 Jahren über die Bühne rennt, da soll der plötzlich runtergehen und noch jemanden beglücken?“, argumentierte er am Montagabend bei „Hart aber Fair“. Eine Aussage, für die er bereits Minuten später einen Shitstorm in den sozialen Medien erntete.

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Rammstein-Debatte bei „Hart aber fair“: Journalist kritisiert pauschale Männerdiffamierung

Doch Moderator Louis Klamroth wollte nicht nur über Rammstein sprechen. Er nahm die Debatte zum Anlass, um mit seinen Gästen über Gleichberechtigung zu diskutieren. „Skandale wie der um die Band Rammstein zeigen: Wo Männer Macht haben, zählen Frauen oft wenig", heißt es auf der ARD Seite zur Sendung. Louis Klamroth will mit seinen Gästen laut Senderankündigung diesen Fragen nachgehen: "Warum erleben Frauen häufig Erniedrigung bis hin zum Missbrauch? Wann gibt es endlich Augenhöhe statt Machtgefälle? Und was haben Frauen dazu schon erreicht, Männer gelernt?“

„Sagt der Fall grundsätzlich etwas darüber aus, wie Männer in Deutschland mit Frauen umgehen?“, wollte Klamroth von Tobias Haberl wissen. Bei dieser Schlussfolgerung müsse man extrem vorsichtig sein, sagte der SZ-Journalist. Er sei nicht überrascht, dass es die Row Zero gebe oder dass es bei Konzerten zu sexuellen Handlungen zwischen Stars und Fans komme. Deshalb dürfe es allerdings nicht zu einer „pauschalen Männerdiffamierung kommen“. Er kritisierte außerdem, dass in vielen Artikeln ein eindeutiges Framing gegen Lindemann zwischen den Zeilen zu lesen sei. Obwohl auch für ihn immer noch die Unschuldsvermutung gelte. Lesen Sie hier: Rammstein-Mitglied distanziert sich von Till Lindemann

Rammsteins Frontmann Till Lindemann bespritzt mit einer Schaumkanone das Publikum.
Rammsteins Frontmann Till Lindemann bespritzt mit einer Schaumkanone das Publikum. © Carsten Rehder/dpa/Archivbild

„Hart aber fair“: Darum wenden sich viele Frauen nicht an die Polizei

Till Lindemann weist die Vorwürfe zurück: „In den sozialen Netzwerken, insbesondere auf Instagram, Twitter und bei YouTube, wurden von diversen Frauen schwerwiegende Vorwürfe zulasten unseres Mandanten erhoben“, hieß es in einer Mitteilung von Lindemanns Anwälten. „So wurde wiederholt behauptet, Frauen seien bei Konzerten von Rammstein mithilfe von K.o.-Tropfen beziehungsweise Alkohol betäubt worden, um unserem Mandanten zu ermöglichen, sexuelle Handlungen an ihnen vornehmen zu können. Diese Vorwürfe sind ausnahmslos unwahr.“

Niemand würde behaupten, dass alle Männer Täter seien, schaltete sich Journalistin Stefanie Lohaus ein. „Wir reden von einem spezifischen Fall.“ Sie verteidigte die enorme mediale Mediale Berichterstattung über Lindemann: Betroffene würden sich oftmals nicht an die Polizei wenden, weil es schambehaftet sei und es immer wieder Schutzlücken gebe. Sie führte aus, dass die Schuld für sexuelle Übergriffe noch immer zu oft bei den Frauen, ihrer Kleidung oder ihrem Verhalten gesucht werde.

Rammstein: Das ist Frontmann Till Lindemann

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    Wie oft Frauen im Alltag Opfer von sexualisierter Gewalt und übergriffigem Verhalten werden, zeigen eine Straßenumfrage sowie einige Aussagen von Politikerinnen aus dem Deutschen Bundestag. Sie berichten von Dickpics, unangemessenen Berührungen und respektlosen Sprüchen von Männern. „Ich schäme mich sehr oft für die Männerwelt“, fasste Haberl das Gehörte zusammen. Allerdings könne man nicht nur mit dem Finger auch Männer zeigen, wenn sie gewalttätig seien. „Wir müssen Konzepte finden, damit sie es nicht mehr sind.“ Das würde bereits in der Kindheit beginnen.

    „Hart aber fair“: CDU-Politikerin eckt mit Haltung an

    Mit Blick auf die Erfahrungsberichte der Bundestagsabgeordneten schaltete sich auch CDU-Kommunalpolitikerin Lisa Schäfer ein. Sie müsse an dieser Stelle eine Lanze für die Kommunalpolitik brechen. Dort gebe es so etwas nicht. Immerhin würden dort ausschließlich Ehrenamtliche arbeiten, die sich nach ihrem regulären Job noch für ihre Stadt einsetzen wollen.

    Das sei so leider nicht richtig, erwiderte Lohaus. Aktuelle Studien würden zeigen, dass 40 Prozent aller Politikerinnen sowohl auf Bundes- als auch auf Kommunalebene und über alle Parteien hinweg bereits sexuelle Belästigung erfahren hätten.

    Es sollte nicht das letzte Wortgefecht zwischen den beiden Frauen sein. Auch beim nächsten Thema des Abends, der verbindlichen Frauenquote, standen sie an zwei unterschiedlichen Enden. Obwohl diese vergangenes Jahr auf dem Parteitag der CDU beschlossen worden ist, hält Schäfer sie weiterhin nicht für das richtige Mittel. „Mit solchen Beschlüssen begibt sich die CDU auf den identitären Weg der Gleichstellung.“

    Was genau sie damit meinte, blieb sie allerdings schuldig. Sie erinnerte an ein viral gegangenes Bild der Sicherheitskonferenz in München: 30 Chefs, keine einzige Frau. In das Versprechen des Vorsitzenden, aus den Fehlern zu lernen, deutete Schäfer die Gefahr, dass im nächsten Jahr nur für das Bild fünf Frauen Teil der Runde seien, die dann allerdings überhaupt nicht anerkannt werden.

    Bei dieser Aussage schlug Lohaus die Hände vor den Augen zusammen: „Es gibt wahnsinnig tolle sicherheitspolitische Expertinnen, die auf diesen Konferenzen nicht stattfinden“, sagte sie. Natürlich seien Quoten eine Zwangsmaßnahme und nicht die alleinige Lösung. Aber: „Sie beschleunigen einen Prozess.“ Und das sei doch schon mal etwas.

    Zur Ausgabe von „Hart aber fair“ in der ARD-Mediathek.