Berlin. Eine Grüne zeigt Verständnis für den Ärger über das Heizungsgesetz. In Dänemark schüttelt man hingegen den Kopf über die Deutschen.

Geht der Streit um das Heizungsgesetz bald in die letzte Runde? Bei „Maybrit Illner“ zeigte sich Kevin Kühnert zuversichtlich – doch ein Däne sieht noch mehr Probleme auf Deutschland zukommen. Die Redaktion um Moderatorin Maybrit Illner hat es für die gestrige Folge geschafft, die aktuelle politische Lage in Deutschland auf den Punkt zu bringen. „Die Ampel streitet ums Heizungsgesetz, der Kanzler schweigt in dieser Krise – die Bürger sind verunsichert.“

„Maybrit Illner“ – Das waren die Gäste

  • Kevin Kühnert (SPD), Generalsekretär
  • Mario Czaja (CDU), Generalsekretär
  • Katrin Göring-Eckardt (B‘90/Die Grünen), Bundestagsvizepräsidentin
  • Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI)
  • Mark Schieritz, Stellvertretender Ressortleiter Politik bei „Die Zeit“
  • Mathias Sonne, dänischer Journalist, Korrespondent „Dagbladet Information“
Die Runde bei
Die Runde bei "Illner" am Donnerstag. © ZDF/Svea Pietschmann

Glaubt man SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, haben die Streitigkeiten und die Zankereien allerdings bald ein Ende. Er zeigte sich am Donnerstagabend zuversichtlich, dass das Heizungsgesetz noch vor der Sommerpause verabschiedet werden kann. Er halte das mittlerweile für „absolut realistisch“, sagte Kühnert. „Und ich glaube, auch die Öffentlichkeit hat gemerkt: Viele Einlassungen und Wortmeldungen zu dem Thema haben sich im Tonfall und in der Qualität deutlich verändert.“

Doch ist mit dem vorläufigen Ende der Wärmepumpendebatte auch das Vertrauen in die Arbeit der Ampelkoalition wiederhergestellt? Mark Schieritz, stellvertretender Ressortleiter Politik bei „Die Zeit“, ist sich da nicht so sicher. „Was ist das eigentlich für eine Regierung“, habe er sich während der letzten Wochen mehrfach gefragt. Der ganze Prozess sei katastrophal gewesen und habe die „Delegitimierung von Politik befördert“.

Heizungstausch: Grüne zeigt Verständnis für Verunsicherung

Noch mehr sogar, betonte der CDU-Generalsekretär Mario Czaja: Die große Verunsicherung im Land habe im ersten Quartal dazu geführt, dass deutlich mehr Gas- und Ölheizungen verkauft worden sind als im Jahr davor. Durch die Aussicht auf Verbote werde seiner Meinung nach nicht klimafreundlicher gehandelt, weshalb er forderte: „Wir müssen wieder weg von der Verbotspolitik, hin zu einem Fördern und Fordern.“

Ganze 79 Prozent der Deutschen seien laut Maybrit Illner unzufrieden mit der aktuellen Regierung. Eine grausame Momentaufnahme. Katrin Göring-Eckardt betonte deshalb: „Ich kann nur allen raten, dafür zu sorgen, das nicht noch mehr Verunsicherung entsteht.“ Gleichzeitig zeigte die Politikerin der Grünen Verständnis für den Ärger der Bürgerinnen und Bürger. „Es geht an das Privateste, die eigene Wohnung, da, wo ich Zuhause bin.“

Wärmepumpen: Dänemark setzt schon lange nicht mehr auf Öl und Gas

Doch warum setzen wir überhaupt dort an, fragte Siegfried Russwurm in die Runde. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie zeigte sich verwundert, dass die öffentlichen Gebäude in der Heizdebatte erst hinter den Einfamilienhäusern stehen: „Wir tun viel mehr fürs Klima, wenn man sich die großen Gebäude anschaut“, betonte er. Generell sprach er Klartext. „Das Gesetz zeigt, was die Energiewende im Kern ist und das sie Geld kostet.“ Damit würden auch die Auswirkungen der Klimawende erstmals fassbar. Es sei sinnlos, die Öffentlichkeit darüber zu belügen: „Diese Diskussion müssen wir aushalten.“

Nach den flammenden Diskussionen der vergangenen Wochen war es bei Illner besonders interessant zu erfahren, wie es denn die anderen machen. Für den Abend ging der Blick nach Dänemark. Das Land hat den Abschied von Gas- und Ölheizungen längst eingeleitet. Seit 2013 sind sie in Neubauten verboten, seit 2016 auch in Altbauten. Mittlerweile kommen auf 1000 Haushalte fünfmal so viele Wärmepumpen als in Deutschland. Wie hat das Land diese Wende geschafft, die hier gerade für so viele Diskussionen sorgt.

Er sei „verwundert“, wenn er die deutsche Energiepolitik betrachte, meinte der Journalist Mathias Sonne, Korrespondent von „Dagbladet Information“. Natürlich sei die Heizungswende auch in seinem Land nicht streitfrei abgelaufen, doch was er aktuell in Deutschland beobachte, hätte für ihn schon beinahe identitätspolitische Züge erreicht. Zudem warnte der dänische Journalist vor zukünftigen Debatten: „Das ist der leichte Anfang in der gesamten Energiewende. Wenn schon da dieser Streit entsteht, sieht es schwierig aus für die folgenden Jahrzehnte.“