Wolfenbüttel. Braunschweigs Domkantor Gerd-Peter Münden hat eine neue Hymne komponiert – in zwei Versionen. Welche soll beim Geburtstag erklingen?

Was macht man, wenn man einem lieben Verwandten zum Geburtstag eine besondere Freude bereiten will? Die Familie schmettert ein Liedchen. Genauso wird es beim 75. Geburtstag des Landes Niedersachsen sein, der am 1. November mit einem Festakt in Hannover gefeiert werden soll. Nur, dass das Lied sich hier zur Hymne entfaltet und auf staatstragendem Wortfundament errichtet ist.

Die Idee des Ministerpräsidenten Stephan Weil erhält gerade jetzt den letzten Schliff. Sie entstand vor einiger Zeit bei einem Treffen mit Braunschweigs Domkantor Gerd-Peter Münden, der in diesem Fall als Chef des Projekts „Klasse! Wir singen“ in die Staatskanzlei geladen war. Es sei darum gegangen, das Niedersachsen-Jubiläum auch mit großen Schüler-Liederfesten im ganzen Land zu feiern, sagt Münden. Dazu sollte das „Klasse! Wir singen“-Repertoire um passende Lieder erweitert werden – vor allem auch um ein Lied zum Landesgeburtstag.

Aufgenommen in der Musikakademie

Münden nahm Kontakt zu Eugen Eckert aus Frankfurt auf. „Der ist dort als Stadionpfarrer tätig und einer der gefragtesten Texter für neue geistliche Lieder und Musicals“, erzählt Münden, der schon öfter mit dem 67-Jährigen zusammengearbeitet hat. Zu Eckerts Niedersachsen-Text schrieb er dann zwei verschiedene Melodien und Arrangements, die jetzt in der Landesmusikakademie in Wolfenbüttel geprobt und aufgenommen wurden.

Zwei Fassungen deshalb, weil Sie, die Landeskinder, die Letztentscheidung haben sollen. Sie können abstimmen, welche Sie für geeigneter für den Landesgeburtstag – und möglicherweise mit der Zeit auch für eine Niedersachsenhymne halten.

Ballade oder Jubel?

Pop-Ballade mit mildem Swing oder hymnischer Jubel im erdverwachsenen Rhythmus, das ist hier die Frage. Den jungen Sängerinnen und Sängern der Domsingschule, die beide Fassungen unter Mündens Leitung probten, war’s egal. Sie sangen voller Inbrunst von klaren Quellen, die den Durst stillen, von tiefverwurzelten Bäumen und priesen das Glück vom Früh- zum Abendrot.

Coronabedingt wurde der 32-köpfige Chor in kleinere Gruppen aufgeteilt und zum instrumentalen Playback von Tonmeister Matthias Wegener schließlich zum Gesamtensemble zusammengeführt. Was sich einfach anhört, ist in der Praxis ein schwieriges Geschäft. Kaum angefangen, unterbricht Münden. „Die Konsonanten, liebe Leute. Ein ,D’ muss sich wie ein ,T’ anhören. Das muss durchdringen. Und richtig akzentuieren.“ Und schon geht’s.

Die beiden Versionen des neuen Niedersachsenliedes zum anhören

Präzision beim Singen

„Klare Sprache, klare Kante, große Worte braucht es nicht“, heißt es im Text. Münden stoppt immer wieder, lässt wiederholen, gibt Hilfen. Dem Mischpult entgehen auch kleine Unregelmäßigkeiten nicht. Die Kinder kennen das aus der Domsingschule. Präzision ohne Mühen gibt es nicht. Trotzdem wird viel gelacht. Keiner ist genervt. Münden weiß, wie er mit seiner jungen Klientel umgehen muss.

Mit „Klasse! Wir singen“ hat er die Jugend für das gemeinsame Singen begeistert. Die geplanten Liederfeste zum Landesgeburtstag hat die Pandemie verhindert. Nun sollen Noten, Liedtexte und Spielanregungen allen interessierten Schulen im Land günstig zur Verfügung gestellt werden, so dass rund um den 1. November musikalische Projekttage oder Projektwochen zum schulinternen Singen und Feiern mit niedersächsischer Thematik veranstaltet werden können.

Doch zunächst muss die Geburtstagshymne eingesungen werden. „Die dritte Strophe noch einmal!“ Und in der Tat. Da ist echte Freude spürbar. „Mit Wumms zum Finale“, hat Münden gefordert. Und so endet die Probe: „Ein Zuhause, das wir lieben, hier wächst Zukunft, hier wächst Glück!“ Wer will dem widersprechen?