Braunschweig. . Guy Nader und Maria Campos machen mit ihrem Tanzstück „Perpetuum“ am Staatstheater Braunschweig Zeit sichtbar.

Die Musik diktiert einen schwingenden Dreiertakt. Eine Tänzerin dreht sich mit ausgestrecktem Arm dazu im Rumpf wie jene Spiralen in Uhren mit gläsernem Gehäuse. Die zweite Tänzerin muss sich dicht an sie schmiegen, um im gleichen Takt schwingen zu können. Die dritte schon beugt sich vor dem federnden Arm zurück, um nicht getroffen zu werden. Der vierte hält sich an den Händen mit ihr im Gleichgewicht, so dass sie sich beide zur jeweils anderen Seite genau so weit ducken können, dass sie die Schwungarme nicht erwischen. Das wieder hat Auswirkungen auf die weiteren Tänzer, die sich diesem Clockwork Orange anschließen. Es entsteht ein mechanisches Gefüge aus Menschenmaterial. Funktionieren ist angesagt, Emotionen interessieren nicht.

Nun ist es naheliegend, in diesem menschlichen „Perpetuum“, so der Stücktitel, ein Abbild der kapitalistischen Produktionsweise und auch der digitalen Fernsteuerung zu sehen. Wer nicht präzise mitmacht in diesem System, ist geliefert, erzeugt Chaos und muss ausgewechselt werden. Aber zugegeben: Im Gegensatz zu Gregor Zölligs eigenem Tanzstück „Speedless“ kommt der Leistungs- und Leidensdruck, die Überanspruchung in der technoiden Präzision in der Choreographie von Guy Nader und Maria Campos nicht zum Ausdruck. Sie erzeugen sogar eher Bewunderung für die Vielzahl ineinandergreifender Bewegungen, die aus dem Körper und seiner Schwungkraft selbst gewonnen werden.