Braunschweig. Bei einer Tagung im Städtischen Museum präsentiert der Historiker Gerd Krumeich seine Deutung der Dolchstoßlegende.

Es war ein beeindruckender Auftritt, den Historiker Gerd Krumeich im Städtischen Museum hinlegte. Weil der Vortrag seines Kollegen Mark Jones kurzfristig wegen Krankheit ausfiel, sprang der 73-jährige Professor, der in Freiburg und Düsseldorf gelehrt hat, spontan ein und referierte ohne Manuskript über das Thema seines jüngsten Buches: „Die unbewältigte Niederlage – Das Trauma des Ersten Weltkriegs und die Weimarer Republik“. Mit Verve präsentierte er dem Publikum der Braunschweiger Historikertagung zur Novemberrevolution seine teils provokanten Thesen.

Vor allem der sogenannten Dolchstoßlegende wandte sich Krumeich zu – also der Erzählung, das Deutsche Reich habe den Ersten Weltkrieg nicht militärisch verloren, sondern, weil politische Kräfte in der Heimat die kämpfende Truppe im Stich gelassen hätten. So erklärten die rechtsstehenden Gegner der Weimarer Republik die deutsche Niederlage. Tatsächlich hatte allerdings bereits im Herbst 1918, also vor der Novemberrevolution, für das deutsche Militär – ebenso wie für die Politik – festgestanden, dass dieser Krieg nicht mehr zu gewinnen war.